Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ein Stück Alltag neu besonders machen

∞  14 Juni 2010, 19:17

Ein Gespräch, das mit “wie geht es Ihnen?” beginnt, ist meistens nach Sekunden zu Ende. Man ist einfach freundlich gewesen und damit ist es gut. Die Frage ist kaum beantwortet (mag die Antwort noch so klar sein, man weiss es nicht wirklich und stört sich auch nicht daran), aber der Klang der Stimmen ist im Ohr, die scheinbare Aufmerksamkeit ist gegenseitig und man kann zum eigentlichen Anliegen kommen – oder weiter seines Weges gehen.

Manchmal aber ist es anders – und die einleitende Frage der Höflichkeit und des “comment” eröffnet tatsächlich ein Gespräch. Und plötzlich folgt man nicht dem brüchigen Faden der davon rennenden Zeit sondern bespricht plötzlich eine Alltäglichkeit, einen Aspekt der täglichen eigenen Lebensbedingungen. Und dann ist vielleicht die Uhr vergessen, ich eile nicht länger gedanklich voraus, ich sitze innerlich ganz dabei. Die Zeit bleibt stehen. Und auch danach habe ich nicht das Gefühl, etwas aufholen zu müssen. Ich lasse liegen, nehme meinen Weg wieder auf und bleibe gelassen, wenn ich auf den Uhrzeiger sehe. Der Tag hat etwas Überraschendes geboten, das darin zeitlos bleibt, erinnerbar. Da ist ein Moment, über den ich eine Routine brechen kann – um sie zu hinterfragen oder aber eben auch, um sie neu zu schätzen.

In diesem konkreten Fall haben wir uns über den Arbeitsweg ausgetauscht, über Arbeiten am Heim – und jemand geht heute abend die fünfzehn Minuten zu Fuss von der Arbeit nach Hause mit einem ganz neuen Bewusstsein: Es ist schön, auf diese Art und Weise den Kopf auszulüften und der Arbeit ihren Platz hinter sich zuzuweisen. Jetzt, da die Rast wartet, die Geborgenheit der eigenen Wände, innen wie aussen…

Wenn sich plötzlich jemand über etwas freut, das meinen Alltag ausmacht, und ich auf diesem Weg spüre, neu erkenne, dass mir im kurzen Arbeitsweg zu Fuss, im geborgenen Daheim, in der Gartenarbeit, in was auch immer, wirklich ein Geschenk geboten wird, dann wird dieser jemand zum Botschafter der Zufriedenheit – oder auf der anderen Seite zum dankbaren Zeugen eines Stücks glücklichen Alltags. Möglich, dass man sich immer neu erinnern muss, sicher, dass Glück nie für immer gefühlt wird, dass sich Erwartungen ändern – oder dass sich immer weniger ändert.
Aber es bleibt immer unser Blick auf die Dinge, welcher bestimmt, was mir fremd, angeworfen oder zugewandt bleibt. Es ist meine Stimmung und meine Haltung, mit der ich etwas hinnehme oder annehme, beklage, oder zu ändern versuche.