Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ein leeres Blatt bleibt auch nicht leer

∞  26 März 2007, 22:14

Wieder einmal dieses Sinnbild vor Augen: Das leere Blatt Papier.

Es will beschrieben werden.
Noch ist es leer.
Sobald ich meine Worte darauf setze, mache ich mich transparent:
Selbst wenn ich nichts von mir preisgebe, so ist die Art, wie ich es schreibe, eine Aussage über mich.

Und genau so, wie ich schreibe und dabei mir nahe komme oder eben nicht, so geht es auch dem Leser. Gewinnt er etwas durch sein Lesen bei mir, so ist das immer auch das Ergebnis seines eigenen Bewusstseins, seines Einlassens auf sich selbst und seine Assoziationen beim Lesen.

Ich kann allein nichts bei ihm bewirken, kann auch nicht verhindern, dass er über mich hinweg liest. Keinem von uns muss ein Schaden entstehen, wenn dies geschieht.
Dieser Schreiben, dieses Lesen, ist nur eine weitere Möglichkeit, in diesen gegenwärtigen Mintuen unseres Lebens achtsam zu sein, aufmerksam, bewusst.

Tönt vielleicht furchtbar angestrengt. Wirklich? Im Grunde ist das Wunderbare am Leben, dass im Jetzt alles neu sein kann.

Ich schreibe an einem niederen Tisch. Er ist verstellt mit vielen kleinen Unordnungen. Er hat Kratzer. Aber ich bin sicher: Obwohl wir ihn schon mehr als fünfzehn Jahre haben, wäre es nicht schwierig, einen Farbklecks oder eine Delle an ihm zu entdecken, die ich noch nie bemerkt habe, die aber schon immer da war.

Und indem ich an diesen Tisch denke, auf dem gerade jetzt mein Laptop steht, ist dieser Moment meines Schreibens, meiner Wahrnehmung, ein anderer als zuvor. Der Tisch hat eine andere Gegenwart als am Abend zuvor. Und morgen wird er da sein und doch vielleicht vergessen wie zuvor.

Wir können so viel sehen in unserem Dasein.

Das Blatt füllt sich. Selbst wenn es leer geblieben wäre, so wäre es das als Ergebnis meiner leer drehenden Gedanken. Es wäre nun eine beredte Leere. Seine Beklemmung wäre eine andere. Genau so schreibt das Leben seine Geschichte in uns und mit uns weiter. Aber ich denke, wir können zu dieser Geschichte mehr beitragen als ein Kommazeichen, oder einen Punkt.

Mit einem Punkt aber beginnt so oft ein neuer Anfang.