Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ein bisschen Armee geht nicht

∞  25 August 2010, 20:18

Ich fürchte, heute ist so ein Tag, an dem ich von vielen meiner Leser nicht (richtig) verstanden werde. Aber damit werde ich leben können (ich verstehe ja, wie unangenehm das Thema ist und bleibt).

Die Nachrichten haben heute eine Meldung enthalten, die in mir Gedanken hoch steigen liessen, die ich vor dreissig Jahren schon wälzte. Vor fast dreissig Jahren. Oder besser eben verdrängte.

Der Bundesrat hat heute entschieden, die Frage der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge um fünf Jahre zu verschieben – und dann nochmals neu zu stellen.
Wehrminister Maurer war selbst dafür und meint, das nun frei werdende Geld könne wenigstens dafür genutzt werden, Ausbildungsmaterial für die Soldaten zu beschaffen. Also, genügend davon…

Und angesichts solcher Meldungen ist es eben an der Zeit, dass ich Ihnen ein wenig von meinen Erinnerungen als Rekrut erzähle. Ganz konkret möchte ich Ihnen sagen, dass es ein ziemlich besch… Gefühl ist, in einem Graben zu liegen und sich vorzustellen, dass sie von oben ganz sicher keine Hilfe zu erwarten haben – höchstens ein zusätzliches Problem.

Die Schweiz hatte schon damals so um die dreissig Kampfflugzeuge. Wir glaubten damals, dass wir über sehr gute Piloten verfügen würden, das hatten schliesslich sogar die Israelis bestätigt; und andere Geschichten mehr gab es, die man sich gerne erzählte. Wahrscheinlich stimmte das sogar, und heute ist es noch immer so. Aber dreissig Flugzeuge der letzten Generation, aufgeteilt auf mehrere operative Aufgabenschwerpunkte? Luftraum-Beherrschung bleibt da ein frommer Wunsch. Und wenn Sie unten liegen oder marschieren, dann gute Nacht.

Wann immer von der Sicherheit durch die Armee gesprochen wird, meint man jene der Bevölkerung. Ich finde, es gibt auch den Anspruch des Soldaten, dass man ihm, wenn man ihm denn schon politisch den Auftrag erteilt, Teil einer Landesverteidigung zu sein, die Mittel in die Hand gibt, den Auftrag auch ausführen zu können und nicht Schiessbudenfigur in Folkloreuniform zu sein.

Ein bisschen Sicherheit gibt es nicht. Ein bisschen Armee auch nicht. So lange wir diese nicht abschaffen, heisst das daher: Eine Verteidigungsarmee muss verteidigen können. Und das müsste dann auch bedeuten, dass alle Beteiligten nicht nur A sagen, sondern auch B.

So manche Gefechtsübung mag mehr eine Sandkastenübung gewesen sein, aber ein Gefühl, dafür, was es bedeuten kann, diesen Schutz nicht zu haben – dieses Gefühl war unschwer herzustellen. Übrigens ist es noch fast verheerender, über welches Arsenal an Helikoptern wir damals NICHT verfügten. Das soll besser geworden sein, ich weiss es nicht wirklich.

Die klare Botschaft aber ist, mag es uns noch so unangenehm sein:
Wenn wir eine Armee haben, ob Miliz oder Berufstruppen, dann müssen wir auch das Geld dafür verbrennen. Ich sage es selbst so. Ich wünsche mir selbst eine Welt ohne Kriege und ohne Militär. Wie ich an anderer Stelle aber schon geschrieben habe, verfüge ich nicht über das geistige, mentale und innere Rüstzeug, mich nicht gegen den physischen Angriff eines Feindes auf meine Lieben ebenso physisch zu wehren. Und zwar wirksam. Und so lange dies der Willen der Mehrheit ist, sollte zu diesem Auftrag auch die Konsequenz gehören, jeden Mann und jede Frau in Uniform so auszurüsten, wie es der Einsatz seines Lebens verdient.

Ein bisschen Armee – das ist wirklich richtig teuer verbratenes Geld. Es ist unehrlich, unlauter und ein Verbrechen an den Soldaten und dem Volk, das die Armee will. Vorläufig.
Arbeiten wir an einer besseren Welt. Und dann wird sich weisen, was es zu deren Schutz zukünftig brauchen wird. Ich fürchte, es wird dauern, bis dieser Artikel nach meiner subjektiven Meinung nicht mehr nötig sein wird.