Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Eigenverantwortung ist (nicht) wandelbar?

∞  22 Juli 2010, 19:25

Was bedeutet der Begriff für Sie? Ich habe mich heute damit 10 Min ganz spontan schreibend auseinandergesetzt, und lasse das nun nachwirken.

Wir definieren unsere Verantwortungen heute ganz anders als vor dreissig Jahren. Ein Vergleich dessen, für welche gesellschaftlichen Pflichten wir uns gegenüber früher heute in die Pflicht nehmen lassen (… würden – ich will schon fast im Konjunktiv schreiben), wäre wohl sehr erhellend.
Mir ist das vor etwa zehn Jahren bei einem Artikel in einem Tennismagazin erstmals aufgefallen: Da wurden aktuelle Spitzenspieler, die wohl alle schon Autogrammstunden gegen Bezahlung gegeben hatten, gefragt, für wen sie Vorbild sein wollten? Fast alle haben sich der Frage komplett verweigert und gemeint, sie hätten selbst keine Vorbilder und würden sich auch nicht als solche sehen.

Wir fürchten ganz allgemein die Bilder, die andere sich von uns machen könnten – und wenden gleichzeitig viel, sehr viel Energie dafür auf, dieses Bild zu getalten. Dass wir heute Facebook dafür unsere Zeit totschlagen lassen, ist dann wirklich definitiv ein Genickschlag. Und so manche Profile wandeln sich noch schneller, als sich Meinungen über Menschen bilden mögen…

Statt dass unser Dorf unsere Welt bliebe, machen wir die Welt zum Dorf. Dass das gelingt, bedingt allerdings, dass wir alles verknappen. Wir verkürzen Distanzen. Wir vereinfachen Sichtweisen, generalisieren das Individuelle, stellen nichtwissend Vergleiche an, die nur Krücken für eine Welt sein können, die wir eben nicht wirklich kennen, geschmeckt und gerochen haben. Wir machen damit aber so manche Reise nicht – und verzichten auf die bewusste Entscheidung, jemanden wirklich aufzu-suchen.

Ist die grosse weite Welt per Kommunikation nicht viel mehr eine grosse weite Projektion der Leere? Und mit der wollen wir allein sein, dabei können wir genau das nicht…

Unser Gehirn arbeitet immer mehr, aber wir denken immer weniger (nach). Und schon gar nicht voraus.

Wir tafeln nicht. Wir fooden. Convenience nennt sich die vorbereitete Mahlzeit aus dem Regal: Schnelligkeit, mit wenig Aufwand. Wie, bitte, will man da Feste feiern? Ich meine, wirkliche Feste, wissen Sie, bei denen die Freude nicht bestellt wird, sondern das Lachen aus uns selbst kommt und sich einnistet, wie ein im Garten willkommener Nachbar.