Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Du musst Deine Aufgabe nicht länger ausführen

∞  31 Oktober 2012, 12:38

Viele UBS-Angstellte in London mussten heute nicht lange warten, um Klarheit zu bekommen, was die gestrige Medienmitteilung über den Stellenabbau in der Bank für sie bedeutet: Sie wurden schon an der Eingangstür abgefangen. Ein kleiner Einblick in das Prozedere und die Art der Kommunikation bei “Freistellungen”.

Im Grunde möchte ich hier vor allem auf den via mycomfor.com gefundenen Medien-Artikel verweisen und aus ihm hier nur wenige Formulierungen heraus picken:

istockphoto.com/koun

Kaderangestellte, die schon Freistellungen erlebt haben, werden es bestätigen können: Die Mechanismen, die dann zu spielen beginnen mögen noch so erklärbar und sachlich begründbar sein, in der Art, wie sie ablaufen, offenbart sich einfach eine Kälte und ein Prozedere, das kommunikationsschwachen und rückgratlosen Vorgesetzten erlaubt, sich wunderbar dahinter zu verstecken. Und mir muss auch niemand erzählen, dass Kollegen, die nicht betroffen sind, das aber hautnah mitbekommen, sich in ihrer inneren Einstellung zum Arbeitgeber nicht beeinflussen lassen. Es ist auch dieses Verhältnis zwischen Firma und Mitarbeitern, das so viele Probleme und Auswüchse unserer modernen Arbeitswelt begünstigt – oder daraus erwachsen ist, wie auch immer.

Schon die Anrede ist in ihrer Anbiederung einfach nur hilflos:

Lieber Kollege

[…] Es ist nicht nötig, dass Sie Ihre derzeitigen Aufgaben weiter erfüllen. Daher haben wir entschieden, dass Sie das Büro nicht aufsuchen müssen (ausser, Sie werden durch UBS speziell dazu aufgefordert)

Nicht aufsuchen müssen? Es ist gar nicht mehr möglich, da der Batch für die Eingangskontrollen gar nicht mehr funktioniert, gelesen wird das Schreiben schon in einem separaten Konferenzraum fern der Arbeitsstelle, und genau genommen sagt man: Es ist Dir verboten. Aber man sagt es eben nicht. Aus juristischen Gründen vielleicht, aber ich kann mir vorstellen, wie es in den Ohren der Betroffenen klingen muss, wenn sie solches Geschwurbel lesen oder hören müssen.

Sie sollen sich Urlaub gönnen, die Kontaktdaten aber aktuell halten und Veränderungen mitteilen, dass sie erreicht werden können, wenn die Bank ihnen mitteilen will, was nun definitiv geschieht – wie wenn das nicht schon klar wäre oder sich jeder Betroffene nullkommanichts innerlich vom Arbeitgeber in dieser Situation schon gelöst hätte, wenigstens wenn er nicht komplett von ihm abhängig ist.

Ich stelle mir also nun vor, der mit Sonderurlaub beschenkte Angestellte tut, wie ihm geheissen, und fährt mit seiner Familie nach Andalusien in die Ferien, oder nach Timbuktu oder wohin auch immer. Wenn ihn die Bank dann kontaktiert, um ihm das endgültige Verdikt mitzuteilen, dann wird sie ihm einen Termin nennen, an dem er zu erscheinen hat, und ich stelle mir vor, wie viel Verständnis man dann dafür hat, dass man jetzt halt eben nicht ganz kurzfristig erscheinen kann…

Es ist schon ziemlich widerlich, wie wir mit einander in Hierarchien umgehen, nicht wahr? Wobei dies hier kein UBS-Bashing sein soll, denn, mit Verlaub, es ist nirgends in vergleichbaren Hamsterställen anders – und von EX-UBS-Angestellten ist immer mal wieder zu hören, dass sich die Bank in ihren realen Leistungen und Sozialplänen eher besser als der Durchschnitt verhält.

Kalt ist mir jetzt trotzdem – und das hat nichts mit dem Schnee vor dem Fenster zu tun.