Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Du bist da und doch frei

∞  17 April 2012, 12:50

Distanz und Nähe, und Gedanken, mit denen beides gewährt werden kann.


p(caption).

M it den gestiegenen Erwartungen an die äusseren Umstände des eigenen Lebensglücks, den festen Bildern von erfüllter Berufstätigkeit, aktiven Elternrollen und inniger Partnerpflege, haben wir uns eine ganze Menge aufgebürdet. Eine Bürde, die frühere Generationen mit festeren Rollenbildern wie selbstverständlich, aber sicher nicht partout glücklicher schulterten, haben wir heute scheinbar abgeworfen, um sie uns hinterrücks selbst wieder auf den Rücken zu schnüren. Denn wir sind nicht frei von unseren Bildern, wie wir zu sein haben, und wie unser Leben sich anfühlen “muss”.
Wir akzeptieren feste Aufgabenzuteilungen nicht mehr – aber die Aufgaben bleiben ja da, müssen erledigt werden, sind Teil der persönlichen Identifikation.

Wir sind persönlich nicht Eltern. Wir arbeiten weitgehend frei von örtlichen und zeitlichen Zwängen. Wir sind atypisch. Die Herausforderung an unsere Partnerschaft ist gleichwohl da. Wir müssen wollen uns den Sinn geben, den wir selbst kennen, dem wir nachspüren und der uns “wahr” erscheint. Wir bleiben dabei Individuen, haben ganz individuelle Bedürfnisse, verändern uns nochmals grundsätzlich in unserer Lebensmitte, nehmen den andern gerade dann vielleicht als “verändert” wahr, wenn unser Blick derjenige ist, der sich wandelt.

Wenn der andere doch Zeit hat, ihm diese auch zu lassen. Nie so weit von einander entfernt sein, dass man sich in banalen Dingen nicht findet, wie z.B. dem Abstimmen von Terminen. Sich Dinge erzählen. Von sich erzählen. Was ich denke und fühle teilen. Nicht ausschütten muss ich mich, aber meinen Weg teilen.

Wenn sich Ihr Partner nach einem halben Leben zu Ihnen ins Wohnzimmer setzt, dann macht er das vielleicht nicht genau so wie am ersten Tag. Wenn er es aber bewusst macht, und das gern, mit seinem heutigen Verständnis von sich selbst, dann darf ich wirklich ein Leben begleiten – und einen Menschen, der mich immer interessieren wird, der mir etwas zu sagen hat, mich zum Lachen bringt – und dem ich seine Freiheiten lassen will, weil jedes Mal, wenn er sich aufs Sofa setzt, es sich anfühlt, als würde ein Adler aus der Luft auf einen freien Platz neben mich gleiten.
Aus wirklich freier Entscheidung und mit seiner ganzen Erhabenheit eines freien Lebens.