Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Dokument einer seelischen Regeneration

∞  9 November 2008, 14:44

Gastbeitrag für die Bücherecke

Buchempfehlung: Eat Pray Love
Von Elizabeth Gilbert

Das Buch liegt bereits in der 5. Auflage vor – gefällt also nicht nur mir.
In den 480 Seiten beschreibt Gilbert eine turbulente Phase ihres Lebens, wobei mir ganz besonders ihr Humor und eine gute Portion Selbstironie gefällt.
Leichte Kost also.
Doch wie hinter jedem Witz, jeder Ironie stecken auch in dieser Geschichte Wahrheiten, die nur im Rückblick eine gewisse Schärfe und Härte verlieren konnten.
Nicht gerade selten habe ich in diesem Buch über mich selbst gelesen, über eigene Kämpfe, Versagen, Hoffnung und Suche.


Gott sagte zu ihr, als sie weinend im Bad kauerte, verzweifelt fragte, was sie denn tun solle, sie soll wieder zu Bett gehen […]
Letztlich ist das, was ich über Gott glaube, ganz einfach. Nämlich ungefähr so: Ich hatte mal einen wirklich tollen Hund. Er stammte aus dem Tierheim und war eine Promenadenmischung aus vielleicht zehn verschiedenen Rassen, schien aber von allen nur die besten Eigenschaften geerbt zu haben. Er war braun.
Wenn Leute mich fragten:” Was ist das für ein Hund?”, gab ich stets dieselbe Antwort:” Das ist ein brauner Hund.”
Stellt nun jemand die Frage: “ An welchen Gott glaubst du?”, ist meine Antwort genauso simpel: “ Ich glaube an einen großen Gott.”


Anfang dreissig ist Elizabeth, als sie ihren Mann verlässt und vor einem Scherbenhaufen steht.
Um sich aus diesem Dilemma zu befreien, plant sie eine Auszeit von einem Jahr.
In zwölf Monaten will sie ihr Leben wieder zurecht gerückt haben, und so teilt sie das Jahr auf:
Vier Monate nach Italien, weil sie doch immer schon italienisch sprechen wollte.
Vier Monate nach Indien, um in einem Ashram die perfekte Meditation zu erlernen.
Und vier Monate verbringt Elizabeth in Bali, weil es ihr so voraus gesagt wurde.

Italien ist dem Genuss gewidmet und dementsprechend päppelt das dortige Essen ihre verlorenen Pfunde wieder auf.
Kontaktfreudig, wie sie ist, lernt sie sehr schnell viele neue Leute kennen, die sie genauso schnell als Freunde bezeichnet.

Sich eine gewisse Leichtigkeit und körperliche Stärkung zu gönnen, erweist sich als sehr klug, denn der Ashram wird zur Herausforderung, die es in sich hat.
Die Stunden der stillen Versenkung wollen Elizabeth lange nicht gelingen. Zu laut sind ihre Gedanken, zu dringlich ihr Ego.
Auch hier erlebt sie recht bald Freundschaft und viele Gespräche, die ihr helfen.


“Schon mal versucht, einem Zweijährigen sein Spielzeug wegzunehmen? Das mögen Kinder in dem Alter nicht. Da treten sie und schreien. Die beste Methode, einem Kind sein Spielzeug wegzunehmen, ist Ablenkung. Es auf andere Gedanken zu bringen. Gib deinem Geist was Besseres zu spielen, statt dir bestimmte Gedanken zu verbieten. Etwas Gesünderes.”


In einem Gespräch über ( gescheiterte ) Ehen sagt ein Neuseeländer zu ihr:


“ Ich betrachte die Ehe als Operation, bei der zwei Leute zusammengenäht werden, die Scheidung aber als eine Art Amputation, deren Heilung viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Je länger man verheiratet war, umso schmerzhafter ist die Amputation, und umso schwieriger ist es, sich davon zu erholen.”


Auch die Passage, in welcher die Rede davon ist, dass Seelenpartner vorübergehende, segensreiche Begegnungen sind und keine Lebenspartner, gefällt mir äußerst gut.
Überhaupt hat mir der Aufenthalt in dem Ashram am Deutlichsten gezeigt, wo ich selbst heute stehe.

In Bali findet die Autorin dann tatsächlich diesen Wahrsager und Schamanen wieder, der ihr gesagt hatte, sie würden sich wiedersehen. Leider hatte ich mir aus dieser neuen Begegnung zu viel erhofft und nicht viel über diesen alten Mann erfahren. Dafür war sie zu beschäftigt mit Anderem und auch mit der Liebe, der sie sich erst nur zögerlich nähern, sie aber schlussendlich doch annehmen kann.

Mir hat diese Buch einfach gut getan. Und das gerade zu einem Zeitpunkt, wo es mir alles andere als gut ging.
Ich habe gegrinst, habe laut gelacht, den Kopf geschüttelt und zustimmend genickt und so Einiges hallt noch heute in mir nach.
Jederzeit würde ich es einer Freundin ins Krankenhaus bringen zur Aufheiterung oder auch bei akutem Trennungsschmerz, also bei einer mehr seelischen Amputation… ;-)

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Gabi / Rielei

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Daten zum Buch:

Als Taschenbuch:
• Broschiert: 480 Seiten
• Verlag: Bvt Berliner Taschenbuch Verlag (Juli 2007)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-10: 3833304731
• ISBN-13: 978-3833304736

Als Gebundene Ausgabe:
• 544 Seiten
• Verlag: Bloomsbury; Auflage: 1 (April 2006)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-10: 3827006562
• ISBN-13: 978-3827006561





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Die Aufforderung, zu lesen, ist, so wohlmeinend vorgebracht, immer ein Liebesdienst