Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Dieser westliche Status...

∞  19 Oktober 2012, 12:56

Mögen wir selbst noch so sehr unter dem stärker werdenden Eindruck stehen, die westliche Welt hinge schwer in den Seilen – es bleibt ein Phänomen, dass alle Welt danach strebt, sich genau die gleichen äusserlichen Attribute unseres Lebensstils für den eigenen Alltag einverleiben zu können.

Es vollzieht sich ökonomisch, was ich, was wir alle auf Reisen erleben können:

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Ich kann noch so überzeugend die lächerlichste mir überhaupt selbst vorstellbare Figur abgeben, wenn ich verschwitzt und stoppelig, mit weissen Beinen und klebenden Textilien mit schweissrunden dunklen Achselhöhlen auf einem asiatischen Markt stehe – der Einheimische vor mir will scheinbar genau so werden wie ich. Er will haben, was ich habe.

Ich hörte noch in den Neunzigern, Asiaten hätten eine “natürliche Laktoseintoleranz” und würden deshalb ganz naturgemäss keine Milchprodukte essen. Und Fleisch, wie wir es konsumierten, würde den Menschen nur schwer auf dem Magen liegen.

Es mag ja noch angehen, dass wir Japaner, die als Touristen in die Schweiz kommen, ein richtig fettig schweres Fondue verfüttern, womöglich noch mit Kirschwasser oben drauf, das auch im Magen noch so richtig oben auf schwimmt, bis …, aber was da noch eine Anekdote sein mag, wird ökonomisch zur absurden Realität: Chinesen wollen nun Milch trinken, Käse und Steaks essen und bei uns werden die Äpfel des chinesischen Bedarfs wegen knapp, wie man lesen konnte.
Die Schweizer Uhr am Handgelenk und das deutsche Auto in der Garage reichen nicht. Der Magen wird umgewöhnt, und man kann nur staunen, was alles “hip” werden kann – mit unabsehbaren Konsequenzen, denn natürlich wird diese Nachfrage geschürt und bedient. Nestlé kontrolliert zwei Drittel des Kaffeemarktes in China. Kaffee für Chinesen? Sie trinken durchschnittlich drei Tassen davon im Jahr, und auch das nur in einer Mischung, aus der die Säure entfernt wurde. Aber Nestlé animiert schon chinesische Bauern, Kaffee anzubauen, denn … was für ein Markt!
In Hongkong werden denn auch schon 50 Tassen pro Kopf und Jahr getrunken… man rechne…

Und so finden sich Geschäftstüchtigkeit und Statusdünkel immer zu einem Modell, in dem sich die immer gleiche Regentschaft westlicher Wohlstandsausweise gewissermassen über die Welt stülpt – mit unabsehbaren Folgen für das kulturelle und agronomische Gleichgewicht der Welt. Und alles, um einem Lebensstil nachzueifern, in dem wir uns mittlerweile selbst nicht selten eher lächerlich vorkommen.

Ohne dass uns zugebilligt würde, dass wir belehren sollten. Der Aufstrebende nimmt sich immer das Recht, genau so zu prassen, wie die Vorgänger es getan haben – nur schneller und ausgiebiger.