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Die SF-Besserwisser verpassen jede Party

∞  16 Juni 2008, 00:19

Das Schweizer Fernsehen hat rund um das letzte Schweizer Spiel jede Einladung zur Party konsequent ignoriert und selbst in keiner Sekunde eine solche ausgesprochen.


Der Fehlgriff des tschechischen Torhüters Peter Cech beschert den Türken im Endeffekt den Einzug ins Viertelfinale. Cech gilt neben Buffon als Weltbester seines Fachs. Ein solcher Fehler passiert ihm wahrscheinlich in den nächsten zehn Jahren nicht mehr.

Es hätte keine bessere Illustration gegeben für die völlig absurde Diskussion, die alle Sportredaktionen und damit unzählige Journalisten jeweils führen, kaum ist ein Spiel oder ein Turnier vorbei. Mit dem Wissen um das endgültige Resultat wird ermittelt, wie es zustande gekommen ist. Und da Fussball ein Spiel der Unwägbarkeiten ist, aber sein Reiz ganz offensichtlich darin liegt, dass jeder zu erkennen glaubt, wie es gespielt werden müsste, lässt sich trefflich im Nachhinein jedes Hätte, Wenn und Aber argumentieren. Das nennt sich dann schonungslose Analyse und trifft im Endeffekt jede Mannschaft, die nicht gewinnt. Also alle, bis auf eine. Denn nur eine Geschichte erweist sich am Ende als diejenige des Siegers. Sofern wir unfähig sind, das Spiel in der Sache zu erkennen und es am Ende auch mit ein bisschen Vernunft dabei zu belassen und uns einfach an der Unterhaltung zu erfreuen.

So betrachtet wird das Verhalten des Schweizer Fernsehens heute Abend geradezu zum Ärgernis. Man hat praktisch die ganze (reichliche) Übertragungszeit heute VOR dem letzten Spiel der Schweizer Nationalmannschaft für eine umfassende negative Schlussbilanz genutzt, um sich danach kritisch über die laue Stimmung im Stadion zu beklagen. Meine Herren: Das Fest ist selten besser als der DJ.

Dabei wurde für mich vor allem der Moderator Hüppi zu einem Dauerärgernis. Er steht im Dauerclinch mit dem Schweizer Fussballverband, was durchaus objektive Gründe haben mag, aber für die Abrechnung mit einer Ära der Fussballnati ist auch nach dem Spiel noch genügend Zeit. Die EM dauert noch, und – es ist kaum zu glauben – es folgen noch spielfreie Tage. Da wäre genügend Luft für jedes Lamento vorhanden, und es käme früh genug.

Das Schweizer Fernsehen und sein Dompteur Hüppi haben es verpasst, selbst ein wenig EM zu feiern, so lange als die Schweizer zumindest noch physisch dabei waren. Und sie haben es verpasst, einen ersten Ausblick in die Zukunft zu wagen, denn die sieht gar nicht so schlecht aus. Sofern Benaglio nicht das Cech-Trauma erleben wird und das Runde ins Eckige fliegt, aus was für Gründen auch immer.

Hey Jungs, Fussball ist ein Spiel. Nehmt Euch nicht so verdammt wichtig und seid Euch bewusst, dass die Tatsache, dass Fussballjournalisten des Schweizer Fernsehens im ganzen Gefüge des Geschäfts Fussball wohl diejenigen sind, die am wenigsten Konkurrenzdruck verspüren, kein Freipass dafür ist, unterirdisches Niveau in der Berichterstattung abzuliefern. Oder täusche ich mich da etwa?




Bildquelle: Yahoo / Eurosport