Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Sache mit der Ordnung

∞  5 November 2009, 08:29

oder: Egons Unordnungssinn…



“Warum nur fällt es mir so verd… schwer, Ordnung zu halten?” murmelte Egon, während er ruhelos und mit leicht fahrig schlenkernden Armen im Büro hin und her schlich.
Sein Gesprächspartner fühlte sich nicht zu einer Antwort gedrängt. Die Frage war uralt und längst mehr Rhetorik, und das war es, was Nirvan wirklich ärgerte: Die fehlende Ernsthaftigkeit, Unredlichkeit, die darin lag, gar nicht ernsthaft eine Antwort zu erwarten – geschweige denn, sie selbst zu suchen. Aber da war doch eine Veränderung im Tonfall heraus zu hören: Es klang nicht mehr wie der pathetische Aufruf zur Anteilnahme. Die Worte kamen leise daher, und Nirvan glaubte gar, ein bisschen Verzweiflung oder zumindest ehrliche Resignation heraus zu hören.
Nirvan verschränkte auf der Ruheliege in der Ecke entspannt seine Hände hinter dem Kopf, bevor er sich endgültig zu einer Antwort durchrang:
“Weil du dir die Zeit dafür nicht nimmst und dir einbildest, sie wäre eh nur vergeudet. Ziemlich anmassend, wenn ich mir ansehe, was du dann stattdessen tust…
Du schaust dir die Ordnung an, wenn sie denn geschaffen worden ist, und fändest es ganz praktisch, darin zu leben, würde sie ganz ohne Aufwand angeboten.”
“Ja, Ordnung zu halten ist wirklich erstrebenswert.”
Nun wurde Nirvan ungehalten. “Einer, der so wenig dafür zu tun bereit ist, sollte das Wort “erstrebenswert” hier gar nicht brauchen.”
Egon verdrehte die Augen. Für ihn waren dies oft Wortklaubereien. Zumindest zu Anfang. “Ich gebe mir doch Mühe!”
“Nun, ganz offensichtlich ist es zumindest so, dass du Mühe damit hast”, spottete Nirvan, fuhr dann aber weiter:
“Mach deine Arbeit fertig. Beginne keine neue, bevor du die alte nicht abgeschlossen und abgelegt hast. Zuvor denke gar nicht erst an die nächste.
Überprüfe deine generelle Haltung. So falle auch niemandem ins Wort, sondern höre geduldig zu. Auch dabei kannst du für die Ordnung üben.
Je ruhiger deine Gedanken werden, um so geordneter stehen sie selbst in einer Reihe, und um so eher kannst du dich darauf verlassen, dass die spontane Eingebung, wo denn etwas Bestimmtes abzulegen oder zu verstauen wäre, auch die richtige ist, die du später wieder erinnern kannst. Wenn du dann ohne Hektik richtig was weg arbeiten kannst, dann wird die Ordnung zum Freund.”
Ihm war nicht wohl, wenn er solche schulmeisterlichen Vorträge hielt, aber er mochte den Jungen, wie er Egon bei sich oft nannte, eben doch so gern, und wenn er dann die Chance sah, ihm zu einem Aha-Erlebnis zu verhelfen, redete er sich schon mal ins Feuer, auch wenn er wusste, dass es oft vergebens war. Egons Blicke waren nicht da, wo sie sein sollten, und so seufzte Nirvan leise und wiederholte nur das, was er glaubte, würde sich heute doch noch bei Egon setzen können:
“Strebe hartnäckig, aber auch mit Geduld nach Ordnung, und du wirst früh merken, dass es sich mit ihr leichter leben lässt.”


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Überarbeitung eines Artikels aus dem alten blauen Blog vom 16.09.06 womit ich auch die entsprechende Kategorie Egon und Nirvan hier eröffne. Auch abgelegt unter Reloaded