Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Piraten sind die Partei, die dem Volk am meisten zutraut.

∞  23 April 2012, 20:11

Seit sich die Welt der Globalisierung verschrieben hat, scheint es eine unumstössliche Maxime zu geben: Die politische Lösung jeder Krise schliesst allgemeine Steuererhöhungen zur Mittelbeschaffung entschieden aus. Das Heil liegt in der Wettbewerbsfähigkeit, die Wachstum bringen soll. Und Politiker scheinen eine Art politischen Selbstmord zu befürchten, wenn sie den Bürgern Steuererhöhungen verkaufen müssen. Doch liegen sie damit richtig?

Und dann lese ich heute via mycomfor die Schlagzeile im Handelsblatt:

Piraten treten für Steuererhöungen ein.

und darunter:

Die Piratenpartei in NRW will mehr Geld für Bildung ausgeben und die Kluft zwischen Arm und Reich vermindern.

Simpel, oder? Und wohl einfach ehrlich. Es geht nicht anders. Denn wenn man in Zeiten der knappen Geldbörsen in Parlamenten Sparprogramme beschliesst, nach welchen die Sozialabgaben gekürzt werden sollen und bei der Bildung gespart, dann fühlen sich nicht nur diejenigen Bürger nicht verstanden, welche davon betroffen sind, sondern ein guter Teil des so genannten Mittelstandes, der – da hört man dann wieder von der Politik – für das Wohl der Politik entscheidend ist. Der Absturz der FDP kann ganz wesentlich auch damit zu tun haben, das die Klientel-Politik, die noch von Steuersenkungen sprach, als die Finanzkrise schon zu brodeln begann, gerade dort Unbehagen auslöste, wo sie Begeisterung wecken sollte:
Der Bürger, auch derjenige mit ein paar Euros im Sparschwein und einem festen Job, glaubt die Mär vom immer weiter zu generierenden Wachstum nicht mehr unbesehen. Und er will vor allem nicht selbst in ein Hamsterrad gezwängt werden, das seinerseits andere unter die Räder kommen lässt. Direktdemokratische Prozesse bringen es immer wieder an den Tag:
Der Bürger ist viel klüger und weniger auf den eigenen Vorteil bedacht als jene glauben, die behaupten, sie würden ihn vertreten. Wenn die Parteien sich in ihren Reflexen und damit in ihren Lösungsansätzen zu sehr angleichen, wählt der Bürger nur noch unter schönfärberischen Programmen, mit denen er sich in die Tasche lügen kann.
Will er aber gar nicht. Ich denke, die Piraten tun der Politk ganz gut. Und wenn es nur den Effekt hat, dass die bestehende Kaste mal aus den Puschen kommt und sich nicht darüber mokiert, dass ein Pirat hinstehen kann und sagen:
Wir finden, DAS ist der richtige Weg. Wie wir ihn gehen können, wissen wir zwar noch nicht. Aber wir sollten endlich mal darüber nachdenken.

Genau so isses. Es ist Zeit, verschiedene Gäule mal abzusatteln, um dann zu sehen, ob sie nicht schon viel zu lange verkehrt rum geritten wurden und es gar nicht stimmt, dass es nicht anders gehen könnte. Wenn wir wollen, können wir Vieles. Sehr Vieles. Aber nicht nur als Einzelne mit viel Eigeninitiative in einem möglichst deregulierten System, sondern vielleicht als Gemeinschaft mit dem sozialkompetenten Blick für das alle verbindende Ganze.

Ich träume mal ein bisschen… auch weil ich glaube, dass es diesen neuen Idealismus braucht. Denn Werte werden aus dem Wettbewerb nicht geschaffen. Sie müssen ihm übergeordnet bleiben und damit Bahnen bestimmen, in denen jeder Wettbewerb dem Ziel des Gemeinschaftswohls zu dienen hat. Und zwar nicht erst bei der Gewinnverteilung.