Die Perversion des Überflusses
Wie gross ist der Anteil an Lebensmitteln, die überhaupt auf unsere Teller kommen können, weil sie „frisch“ genug sind?
Wieviel Prozent der Lebensmittel wandern in einem Qualitätsrestaurant vom Gast zurück in die Küche?
Ich habe heute eine Packung Nüsslisalat (Feldsalat) gekauft, auf 50% herunter gesetzt. Die Packung hatte einzelne Blätter mit braunen Fleckchen. Unter dem Strich, einmal gerüstet: Ausschuss weniger als 3%.
Wir rühren nicht an, was nicht mehr in den hellsten Farben leuchtet. Wir „sind uns die absolute Frische wert“. Umgekehrt rennen wir jeder Aktion hinterher und reklamieren, wenn das Joghurt 5 Rappen teurer wird. In Deutschland herrscht Ausnahmezustand wegen den Milchpreisen. Während sie bisher jahrelang unter den Gestehungskosten verkauft wurde.
Wir sind Pfennigfuchser und feine Pinkel in einem und haben gegenüber unserer Nahrung ein absolut pervertiertes, total gestörtes Verhältnis.
Wir halten Vorträge über gesunde Ernährung, haben alle schon gescheite Bücher darüber gelesen und wiegen bedeutungsschwer den Kopf, wenn wir davon erzählen. Daneben haben wir bald keine Ahnung mehr, wie man kocht. Mutters Hausrezepte? I wo. Die Sushi-Bar ist gleich um die Ecke. Und gesund ist das, sage ich Dir!
Ich liebe meine Frau gerade auch wegen ihres Sinnes für alles Lebendige. Es kann durchaus sein, dass der Pfirsich, der im Regal ein bisschen schrumpelig vor sich hin trauert, ganz bewusst in ihrem Einkaufskorb landet…
Keine Angst: Der Sinn für das Lebendige hört auf, wenn der Pfirsich zu kriechen beginnt!