Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Gruppe und ihre Protagonisten

∞  24 Juni 2012, 16:35

Mein Grossvater sagte mir einst, dass es zwei Sorten von Menschen gäbe. Die, die arbeiten und die, die sich die Lorbeeren für diese Arbeit einheimsen. Er sagte mir, ich solle versuchen in der ersten Gruppe zu sein; es gäbe dort viel weniger Konkurrenz.


Indira Gandhi


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Ich habe Zeit meines Lebens in kleinen Teams gearbeitet – oder als Einzelkämpfer. Das hat mich bestimmt nicht teamfähiger gemacht, denn es ist etwas anderes, ob man sich von Ansprüchen und Anforderungen von Kunden oder vom Wettbewerb eingebremst sieht, oder ob man akzeptieren muss, dass interne Widerstände die Marschrichtung verweigern oder das Tempo verschleppen. Umgekehrt haben mich Führungsfragen und -mechanismen in Unternehmen immer fasziniert, und “von der Peripherie aus” ist manche Beobachtung möglich, die – mitten im Geschehen – vielleicht nicht so klar erkennbar wäre.

Immer wieder fällt dabei auf, dass manche Menschen einen ganz ausgeprägten Sinn haben, Ereignisse und Erfolge einer geschäftlichen Arbeit für das persönliche Fortkommen zu nutzen, während andere bis zur Zielflagge eines Projektes alles dafür tun, dass es auch ganz bestimmt gelingt und den Kopf entsprechend unten halten. Da haben andere längst weiter gedacht, sich in Position gebracht und keine Mühe, die eigenen Meriten für das Gelingen auch entsprechend zu monieren.

Wie in einem Fussballteam gibt es in Firmen die Glänzenden, um nicht von Blendern zu reden, und die Chrampfer, die Arbeitswuseligen, die bei der Rangverteilung allenfalls mitschwimmen, weil nicht jeder Profiteur so dumm ist, sich sein Team nicht zu erhalten und Mitglieder entsprechend mit zu ziehen: Schlussendlich kann keiner so richtig aus seiner Haut, nicht wahr, und jene, welche eine Arbeit ganz besonders gut können, haben dann ganz bestimmt ein Stück Glück voraus, wenn andere, die diese Arbeit brauchen, mindestens so intelligent sind, diese Talente mit ihrer Arbeit glücklich werden zu lassen. Es ist gerade deswegen faszinierend, Fussballteams auf dem Rasen zu beobachten, ihre Entwicklung zu studieren, die Zusammensetzung zu analysieren und zu konstatieren, was ein Team warum zusammen hält?

Und man kann bei den Stars den Unterton heraus hören, wie sie die Mannschaft nach dem Erfolg loben : Kaum einer vergisst, auf den Erfolg der Mannschaft hinzuweisen, das ist Standard. Und auch eine Form von Opportunismus, denn es gibt ja dieses Sensorium dafür, was welches Verhalten an Reaktionen auslöst, ob extern oder intern, im Mannschaftsgefüge. Aber niemand diskutiert es weg: Jedes Team hat seine Stars, nur das einzelne Spiel hat Torschützen und Helden für den Augenblick. Wie sie eingebettet sind in die Mannschaft, was sie über ihre Rolle wissen, über den Moment hinaus, und wie sie das annehmen, das bestimmt die Entwicklung des Teams.

Keine andere Clubmannschaft war in den letzten Jahren so erfolgreich wie der FC Barcelona. Kein Team zermürbt seine Gegner so sehr mit einem Kurzpass-Kombinationsspiel, an dem alle Feldspieler als Einheit mit hohen technischen Fähigkeiten teilnehmen, wie der FCB oder eben auch die spanische Nationalmannschaft. Und kein Team tritt dabei so bescheiden nach aussen auf, lebt so sehr den Teamgedanken vor und hat so viele herausragende Fussballer, die überhaupt kein Aufhebens um ihre Fähigkeiten machen, wie Spanien. Wer die Tore macht, scheint dabei fast nebensächlich, und wenn welche fallen, sind sie ganz augenscheinlich das Produkt einer Teamleistung, zusammen beinahe erzwungen durch die Disziplin und Perfektion einer zusammen durchgesetzten Strategie.

Den Erfolg dieses Teams möchten sicher alle Fussballer haben. Denn nichts ist so attraktiv wie Siege und Trophäen – und die entsprechende Anerkennung. Aber längst nicht alle Typen sind bereit, dafür das zu leisten, was diese Fussballer unter Teamarbeit ganz selbstverständlich finden.