Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Einsamkeit des Alters

∞  30 Juni 2014, 21:04

Wir besuchen einen alten Mann. Er erzählt uns voller Wärme und Empathie und mit der Demut eines gläubigen Menschen, der für jedes kleine Glück Gott dankt, von seiner Freundschaft mit unseren Eltern. Er lebt seit vielen Jahren in diesem Dorf, ist im Gegensatz zu uns ein Einheimischer, aber sein wehmütiger Blick steht im Gegensatz zur Klarheit, zum Realismus seiner Worte:

Schauen Sie, sagt er, die Freundschaft zu Ihren Eltern – das ist ein Gottesgeschenk. Das Dorf wird einmal, ohne unsere Freunde, nicht mehr das gleiche sein. Und dann schaut er sich um, er, der die Fremden auf- und angenommen hat wie Landsleute, und meint ohne Bitterkeit:

In unserem Alter begründen sich keine neuen Freundschaften. Und die bestehenden enden immer häufiger auf dem Friedhof. Und dann erzählt er vom nahen Altersheim im Dorfkern, dass sie sich dort angemeldet hätten, und eines nicht so fernen Tages, wenn sie nicht nur nicht mehr kochen wollten und könnten, er und seine Frau, dann würden sie eben umziehen, ein paar Häuser weiter – und dabei trotz der Unterkunft im Heimatdorf immer noch ein wenig einsamer werden.