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Die CVP steigt in den Atomenergie-Ausstieg ein

∞  15 April 2011, 13:32

Die CVP macht die Merkelpirouette – und die Wähler staunen. Wahrscheinlich auch die eigenen…


Die Bundeshausfraktion der CVP propagiert nun (auch) den “möglichst raschen Ausstieg” aus der Atomenergie. Dies hat sie in einer heutigen öffentlichen Erklärung getan, nachdem ihr Parteipräsident anfangs der Woche noch verlauten liess, es werde am Parteitag im Mai über die Neuausrichtung beraten und beschlossen. Erst im Januar hat die CVP in einem Grundsatzpapier erklärt, dass zur Sicherheit der Energieversorung nicht auf Atomkraftwerke verzichtet werden könne und ältere Anlagen allenfalls durch technisch auf dem neuesten Stand befindliche Techniken ersetzt werden müssten.

Die CVP macht also so was wie die Merkelpirouette. Bemerkenswert daran ist, dass dazu Anlauf in der Bundeshausfraktion genommen wird – am rechten Parteiflügel vorbei. CVP-Ständerat und Fraktionspräsident Schwaller hat dazu gemeint, den Mitteparteien würde immer wieder vorgeworfen, sie wären entscheidungsschwach, zögerlich und unentschlossen. Die CVP würde nun das Gegenteil beweisen.

Wenn sich Schwaller da mal nicht täuscht. Natürlich klingt auch hier die Schockstarre der neusten kantonalen Wahlen nach, und natürlich bemerkt das Publikum und damit der bestehende und der potentielle Wähler genau, dass man nicht aufhört, dem Wählerwillen hinterher zu hecheln. Verheerend dabei ist, dass man gleichzeitig die Basis jener Wähler, die bisher standhaft die Partei gewählt haben, zusätzlich vergrault. Jene, welche den Atomausstieg und vor allem die übereilte Reaktion nicht goutieren, könnten der Partei den Rücken kehren – ohne dass neue Wähler gewonnen werden können. Denn plötzlich anderer Meinung zu sein, ist zwar eine neue Überraschung, aber noch keine neue Agenda. Diese anzubieten ist auch verflixt schwierig, wenn man bisher in eine ganz andere Richtung geplant hat.

Es ist schon erschreckend, wie schnell und gründlich Politiker aller Couleur angesichts der Ereignisse zu neuen “Überzeugungen” gekommen sind. Lange, bevor wir über gesicherte Erkenntnisse verfügen, wie gross der Schaden schlussendlich sein wird und wie es zu ihm im Detail gekommen ist, gleicht hier weit weg von jedem möglichen Tsunami die Ansammlung von Politikern, welche unsere Energiepolitik bestimmen sollen, einem Hühnerstall, in den der Fuchs eingefallen ist.

Auch ich bin für einen Ausstieg aus der Atomenergie. Ich wünsche mir aber, angesichts der Tatsache, dass wir mehr als 40% Atomstrom verbrauchen und die bestehenden Meiler nun einmal da sind und eh sicher gehalten werden müssen, eine Verbesserung bzw. Optimierung (nach entsprechender Überprüfung) der Anlagen, eine Strategiepolitik für einen geordneten, möglichst schnellen Ausstieg aus der Kernenergie und ein Anreizprogramm für Wissenschaft und Wirtschaft zur Förderung alternativer Energiekonzepte und zur Optimierung des bestehenden Energiehaushalts in der Verteilung und im Verbrauch. Und dann wünsche ich mir bitte auch einen Zeitplan, der realistisch umsetzbar erscheint – und vor allem die Energie, diesen Plan dann auch durchzusetzen, wenn in Fukushima schon lange keine Radioaktivität mehr freigesetzt wird. Diesen Durchhaltewillen kann ich aber wohl kaum von Politikern erwarten, die nun die Merkelpirouette vorführen. Sie werden sich auch zukünftig vom Wind wegdrehen, wenn er ihnen ins Gesicht bläst. Das ist unter der Nutzung von Windenergie aber wohl kaum zu verstehen.