Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die chronisch Unzufriedenen

∞  10 Juni 2011, 14:03

Die Nörgler, die Missmutigen – sie verpesten manchmal die ganze Atmosphäre. Mehr Luft bitte schön, Durchzug, und die Weitsicht, dass ein Lob, wird es empfunden und auch ausgesprochen, gegen so Vieles ankommt, was sonst die Freude an der Arbeit für andere vergällen kann.


Sie sitzen am längsten in der Beiz, sind bei jedem Anlass dabei – und haben immer etwas zu beanstanden. Was ist, hat keine Chance auf Gnade, Anerkennung, Wohlwollen – aber nichts ist so verheerend wie irgendeine Veränderung am Ist. Neue Tischtücher? Die Farbe ist garantiert grausam. Auf dem Teller stimmen die Proportionen zwischen Fleisch und Beilagen nicht. Und so wird es immer sein. Zuviel Nudeln, zuviel Fleisch, zuviel Beilagen. Oder, natürlich, zu wenig. Gemault wird dabei, natürlich, wenn der Teller schon leer ist. Diejenigen, welche am meisten Gelegenheit haben, wieder zu kommen, werden am schnellsten meckern, wenn ihr bevorzugter Platz mal nicht frei ist. Wer am häufigsten zum Tennisspielen kommt, reklamiert am schnellsten, wenn die Plätze mal gesperrt sind.

Gratisarbeit wird nie als Einsatz für die Gemeinschaft gewertet, und bei bezahlter Arbeit ist der Lohn garantiert zu hoch. Chronisch Unzufriedene nähren ihren Missmut ständig anhand von Dingen, die sie nichts angehen und von denen sie nicht wirklich eine Ahnung haben, die sie aber anscheinend ganz wahnsinnig beschäftigen, ganz egal, ob es jemanden sonst interessiert oder nicht. Es scheint, als würden sie an der Tatsache, dass sie im Grunde alles haben, verzweifeln. Wer sich nur an Widerständen orientieren kann, wer sich reiben muss, um sich zu spüren, ist arm dran. Und es wird immer schlimmer werden. Denn immer weniger wird ihm zugehört, immer lauter oder böser muss daher die Einstellung werden. Aber es finden sich immer ein paar Verlorene, die am gleichen Un-Problem erkranken und nur darauf warten, auch in der Schlange stehen und hupen zu können.

Wer etwas für andere tut, will sich hervorheben, wichtigmachen – sagt man aus dem Off mit der Nase hoch im Wind. Was, wenn alle, welche mit positiver Grundeinstellung durchs Leben gehen wollen, die auch mal für andere schauen und denen es wichtig ist, dass sich möglichst alle wohl fühlen könnnen, an solchen Nörglern verzweifeln und sich lieber um sich selbst kümmern? Es wäre uns allen zu wünschen, dass wir weniger Selbstgefälliges vermuten in anderer Menschen Engagement – und uns umgekehrt daran erfreuen, wenn daraus eine Chance zur Geselligkeit wird.

Die meisten Anlässe, Initiativen, Angebote, über die sich viele Menschen das Maul zerreissen, muss man weder besuchen noch beachten. Es ist freiwillig, eine Möglichkeit, eine Offerte. Wer das leichtfertig schlecht redet, disqualifiziert sich selbst.
Ich glaube, wir alle, nicht nur die Nörgler, tun gut daran, ein Lob, ein Dankeschön dann auszusprechen, wenn es uns spontan durch den Kopf geht. Es kann kaum verkehrt sein – und ist oft mehr Lohn als irgend ein Entgelt.