Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Bewährungsproben des FC St. Gallen

∞  20 Mai 2008, 11:20

Trainer Balakov hat doch mit seiner Mannschaft schon genug zu tun, Herr Fröhlich.

Heute abend fällt die letzte Entscheidung in der Schweizer Fussballmeisterschaft: Schafft es in der Barrage der FC St. Gallen, das 2:3 aus dem Hinspiel in Bellinzona wettzumachen, oder steigt nach Vaduz mit Bellinzona ein zweiter Club auf?

Was im Vorfeld die meisten Menschen mehr beschäftigt, ist allerdings die Frage, was bei diesem Spiel passieren wird, vor allem dann, wenn St. Gallen NICHT gewinnt. So lese ich eben in der Mittellandzeitung vom Verwaltungsratspräsidenten der St.-Gallen-Aktiengesellschaft Dieter Fröhlich, dass dieser nicht mit dem Schlimmsten rechnet:


“Natürlich gilt es, vor diesem Risikospiel die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Entscheidend wird das Resultat sein.”
Und:
“Meine Prognose ist klar. Der FC St. Gallen wird gewinnen und in der Super-League bleiben. Alles andere interessiert mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.”


Na, das ist ja toll. Das nenne ich eine durchdachte Vermeidungsstrategie, die einer Eskalation überzeugend vorbeugt.

Sehr geehrter Herr Fröhlich

Ich kann mich täuschen, aber ich glaube, für das Schaffen der bestmöglichen Voraussetzungen, um das Spiel tatsächlich zu gewinnen, ist Ihr Trainerstab zuständig. Ihre Aufgabe wäre es, unter anderem, mit Ihrem Vorstand zusammen das Image des Vereins zu pflegen – und zum Beispiel dafür zu sorgen, dass Sie heute Abend die Unterstützung der Fans geniessen, die vielleicht gerne Fussball schauen möchten, wenn möglich noch mit Kind und Kegel und Frau. Die möchten aber keine Schlägereien, Pöbeleien und Sachbeschädigungen erleben und gar durch solche Radaubrüder in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.

Es ist Ihre Nonchalance, Ratlosigkeit oder gar Gleichgültigkeit, mit der Sie und Ihre Kollegen Clubpräsidenten dem Gewaltproblem begegnen, die mich fassungslos macht. Seien Sie doch ehrlich:
Wenn Sie als Präsident Ihres Vereins eingestehen müssen, dass die wichtigste Voraussetzung, um keine Randale zu erleben, ein Sieg der eigenen Mannschaft ist, so haben Sie jeden Kampf um Fairness in den eigenen Reihen eingestellt. Zudem muss ich Ihre Zuversicht etwas einschränken: Beim Hinspiel haben Ihre St. Galler “Fans” 30m Zaun eingerissen, nachdem die eigene Mannschaft zwei Tore geschossen hat…

Dass das alte Espenmoos-Stadion nach diesem Spiel heute Abend eh abgerissen wird, ist vielleicht eine besondere Randnotiz: Der Schutz von Eigentum und damit vor Sachbeschädigung ist heute Abend weniger zwingend als auch schon…

Aber zum Glück ist der Ordnungswillen der Öffentlichkeit nicht von Ihrer lauen Haltung allein abhängig. Ich bin sicher, das Polizeiaufgebot wird enorm sein. Beste Clubpräsidenten-Usanz wird es dann wieder sein, sich später im Chor Ihrer Kollegen einmal mehr über die enormen Kosten für Sicherheitsmassnahmen beschweren. Meiner Meinung nach kann dieser Kostendruck gar nicht gross genug sein, und es wird dafür Gründe genug geben, wenn Sie auch weiterhin das Ausmass der dafür notwendigen Ausgaben allein vom Erfolg einer verunsicherten jungen Männergruppe in kurzen Hosen abhängig machen und jede andere vorbeugende Massnahme nebulös bis unbekannt bleibt.

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Nachtrag, 21.05.08:

daylife.com – Charred rubble lays on the pitch of the Espensmoos stadium in St. Gallen, Switzerland, on Wednesday, 21 May, 2008 the day after hooligans of the FC St. Gallen destroyed items in the stadium and clashed with police after the Swiss soccer league relegation match between FC St. Gallen and Associazione Calcio AC Bellinzona on Tuesday evening, May 20, 2008.