Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Angst meines jungen Kollegen

∞  14 November 2013, 20:40

Der Generationenunterschied hindert mich nicht, sehr ähnliche Meinungen zu haben wie mein junger Kollege. Doch seine Ängste gehen viel weiter als meine – und das bestürzt mich und macht mich traurig: Mit der Wohlstand, den wir haben, an Krieg denken zu müssen, ist bizarr – aber nachvollziehbar. Aber er ist doch zu jung, um solche Gedanken zu wälzen! Und gleichzeitig denkt er für kommende Generationen – und findet sich damit erst recht nicht in der Politik wieder.

Wenn ich mit meinem wichtigsten Arbeitskollegen wieder mal “auf Streife bin”, wie ich eben sagen wollte, wenn wir also in der Schweiz zusammen unterwegs sind, dann wird mir immer wieder – auf gute Weise – bewusst, dass ich langsam aber sicher eine alte Socke, nein, freundlich und im besten Sinne, ein älterer Zeitgenosse bin.

Mir gefällt nämlich durchaus, was ich von ihm höre, wie er die Welt sieht, wie er sie zu beeinflussen versucht und sie doch mit Realismus betrachtet. Was mir heute allerdings zu denken gegeben hat, ist die Hauptsorge, die er äussert:

Während ich mich bei der herrschenden Geld- und Wirtschaftspolitik in der EU vor allem mit wirtschaftlichen Folgen beschäftige, ist sein Kernsatz folgender:

Ich fürchte nicht um mein Geld, nicht um den Verlust von Wohlstand. Ich befürchte, dass das in einem Krieg enden wird.

Und weiter wurde mir wieder bewusst: Der für mich noch junge Mann, der selbst schon ein Jahrzehnt Berufserfahrung in schwierigen Jobs hat, die ihn weit herum führten und führen, hat nicht etwa die Erwartung an die Politik, dass sie die Sorglosigkeit kultiviert, sondern er wünschte sich eine Politik, die sich ganz bewusst auf den Erhalt der Sozialsysteme für künftige Generationen ausrichten und sich dafür verantwortlich fühlte – mit den Konsequenzen, die dazu betreffend Konsum und Lebensstil in dieser unserer Gegenwart notwendig wären. Das billige Geld, sprich die tiefen Zinsen, beruhigen ihn keineswegs. Und die Leichtigkeit, mit der eine Freundin den Kleinkredit bekommt, lässt ihn genau so den Kopf schütteln wie die Schamlosigkeit, mit der Banken junge unerfahrene Kunden für dumm verkaufen wollen. Darüber kann man sich empören – dass er mit mir durch die Landschaft fährt und hier und heute sagt:
“Ich habe Angst, wir werden Krieg haben”,
das bestürzt mich – auch, weil ich es, bei näherer Betrachtung, sehr gut nachvollziehen kann.

Während die Strippenzieher der EU noch immer an Erweiterungen basteln, die doch gerade diesen Frieden sichern sollen, wenigstens nach offizieller Verlautbarung, fürchtet er um die Stabilität der europäischen Gemeinschaft und die daraus resultierenden Unruhen. Und so träge sich die Menschen heute verhalten, um so sehr ist anzunehmen, dass, wenn sie sich zu regen beginnnen, der Ausbruch der Gewalt nicht mehr aufzuhalten sein wird. Und dann, ja dann ist sich sehr schnell jeder Staat wieder selbst der nächste, und das wird nicht friedlich ablaufen…