Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die AHV ist erstaunlich gesund. Und gerecht?

∞  29 April 2011, 13:58

Die serbelnde AHV ist gesünder als herbei geredet. Vielleicht wird sie auch gerechter und in ihrer Ausgestaltung ein verbessertes Abbild der gesellschaftlichen Realitäten.


Die Rente ist nicht sicher. Wir haben es in den letzten Jahren immer wieder vernommen: In zwanzig Jahren, was mag da sein? Gut möglich, dass die Sozialwerke zusammen brechen. Und überhaupt hilft der Kluge sich selbst. Daraus haben wir nicht nur die Notwendigkeit zusätzlicher privater Vorsorge abgeleitet, es ist daraus auch eine neue Haltung gegenüber dem Staat entstanden: Da er unfähig ist, Sicherheit zu gewähren und staatliche Garantieren Schall und Rauch sind, ist der Staat entsprechend schlank zu halten und grundsätzlich jeder staatliche Apparat verdächtig, ineffektiv und verschwenderisch zu haushalten.

Dieser Druck hat sicher zu einer Mässigung der Bürokratie beigetragen, es hat uns aber auch eine Härte der Leistungsgesellschaft beschert und uns verlernen lassen, uns auch als Teil der Polis, des Staates zu sehen – und damit eines Gemeinschaftswerks. Hier die Jungen, die für die heute Alten chrampfen, die dennoch nie zufrieden sind, obwohl sie noch versorgt sind, während wir “Jüngeren” dann sehen können, wo wir bleiben.

Kaum ein Politiker hat sich hin gestellt und darauf hingewiesen, dass der tatsächliche Zusammenbruch der AHV-Systeme einen sozialen Sprengstoff und eine politische Bankrotterklärung bedeutete, die nur schon ihrer Wirkung auf das Volk in jedem Fall verhindert werde. Mit aller politischen Kraft von Volksvertretern. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Es wurde nichts dergleichen vernommen. Dafür hörten wir viele Prognosen. Und die sind nun völlig falsch, einmal mehr, wie man dem Beobachter entnehmen kann. Die AHV ist seit zehn Jahren im Plus, und unter anderem sorgt die hohe Zuwanderung für weitere Überschüsse. Entwarnung ist also angesagt, zumindest aber eine Entspannung wäre angebracht, wenn wir die weiteren Diskussionen zur Sicherung der AHV auf weite Sicht diskutieren.
Und das kann man ohne jedes politische Kalkül machen, wenn man denn die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen endlich in der Alterversorgung abbilden würde:

1. Rechtfertigt auch die heute deutlich höhere Lebenserwartung eine Erhöhung des Rentenalters auf 67.
2. Ist die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf Grund der veränderten Lebensgestaltungen von Frauen UND der höheren Lebenserwartung eh ein Thema.
3. Sind flexible Lösungen, welche eine individuelle Gestaltung des dritten Lebensabschnitts erleichtern, zu fördern.
4. Ist das Rentenmodell auf ein System der Lebensarbeitszeit anzupassen, damit Menschen mit unterschiedlicher Ausbildung und früherem Eintritt in den Arbeitsprozess auch früher in Rente gehen können. Zudem ist dieses System für Berufe mit hoher körperlicher Belastung zu modifizieren.

Dafür wäre doch nun, angesichts der besseren Aussichten, Raum und Zeit für politische Diskussion und gesellschaftliche Gestaltung. Ob wir dazu bereit sind – und erkennen können, dass der tiefere Sinn einer gemeinschaftlich erarbeiteten sicheren Alterversorgung die Volksgemeinschaft stärkt, weil sie menschlich gerecht und im Umlageverfahren die Solidarität unter den Menschen fördert?