Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Des Mannes persönliche Waffe

∞  11 Mai 2014, 22:46

Die Schweizer Männer sind Soldaten. Will heissen, wir haben eine Milizarmee, war bedeutet, dass zumindest in den älteren Generationen die Mehrzahl schon eine Waffe in der Hand hatte und auch mit ihr geschossen hat. Und ich kenne nicht wenige Männer, die sich nie von ihrer “Ordonanz-Waffe” trennen würden.

Erzählt man im Ausland von der alten Tradition, dass Schweizer Wehrmänner ihr Gewehr samt Munition mit nach Hause nahmen, erntet man ungläubiges Staunen (und nach der Militärzeit konnte man die persönliche Waffe billig erwerben und behalten; wie das heute ist, weiss ich nicht). Tatsächlich gibt es auch erstaunlich wenige Umfälle. Dennoch entschied ich mich persönlich dagegen und habe die Pistole abgegeben. Sie ist im Zeughaus besser aufgehoben als in meinem Wandschrank. Wenn ich eines begriffen habe im Militär, dann dies: Eine Waffe ist eine Waffe. Genau so, wie sie heisst, verrichtet sie ihre Funktion – und kann dabei Schaden anrichten. Die Chance, dass dies geschieht, ist minimal klein, aber sie ist um ein Hunderttausendfaches grösser als die Möglichkeit, dass ich damit in Friedenszeiten das Leben meiner Familie schützen kann.

Ich kann immer nur staunen, wie selbstverständlich Pensionäre davon reden, dass sei natürlich ihre Waffe im Haus haben würden, “gegen Einbrecher”. Kein Gedanke daran, was es bedeutete, die Waffe wirklich zu benutzen, und dann danach rekapitulieren zu müssen, warum man sie eingesetzt hat und mit welchen Folgen. Dass so was nie ohne Folgen bleibt, auch für die eigene Psyche? Hauptsache, der Schmuck liegt noch in der Küchenschublade. Es herrscht eine komische Männerromantik vor, wenn es um Pistolen geht. “Sie wieder mal in der Hand halten” – ist tatsächlich ein Bedürfnis. Es geht von Waffen für Manche eine Magie aus. Und dann höre ich, wie bei Räumungen Waffen gefunden werden – mit geladenen Magazinen in unmittelbarer Nähe – gelagert von Menschen, die ohne Stock kaum laufen können, aber in der festen Überzeugung, sich damit verteidigen zu können.

Wie gesagt: Es gibt wenig Umfälle. Aber jeder Revolverheld, der auf tragische Weise eine fahrlässige Tötung verantworten muss – oder dazu durch Unachtsamkeit Vorschub leistet, bekommt ein Problem, das sich nicht mehr so leicht lösen lässt.