Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der wirkliche Rücktritt als letzte grosse Aufgabe

∞  23 Oktober 2012, 17:17

Eine der grössten Herausforderungen, insbesondere für kleinere Firmen, ist die Nachfolgeregelung. Solche Betriebe stellen sehr oft das Lebenswerk einer einzelnen Person dar, und entsprechend schwierig ist es, die Geschicke der Firma in jüngere Hände zu übergeben – und sich dann auch wirklich raus zu halten.

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Und ganz besonders schwierig scheint das zu sein, wenn diese jüngeren Hände dem eigenen Nachwuchs gehören.

Ich habe das selbst erlebt und sehe, wie wir alle, im Alltag laufend neue Beispiele. Den Handwerksbetrieb, die Garage, der Grosshändler – überall kann man mit beobachten, wie schwierig es meistens dem Patron fällt, ganz aus dem Betrieb auszuscheiden. Dieses “noch ein Bisschen dabei sein wollen” ist ganz offensichtlich eine höchst verführerische Komponente – und leider oft auch eine Klippe, an der ein Stück Würde verloren geht:

Weil der Moment kommt, wo die Bindung des alten Patrons zum Tagesgeschäft so sehr fehlt, dass es nach allen Seiten spürbar wird. Für die Jungen ist das oft unheimlich quälend: Sie spüren, wie ihnen der Respekt für Vater oder Mutter schleichend verloren geht, wie aus dem ehemaligen Geschäftsmann und Unternehmer ein Faktotum wird, und sie ertappen sich dabei, sich “den Alten” nach Hause zu wünschen. Das ist für niemanden schön, und so manches Betriebsklima wird durch diese latente Spannung blockiert, “so was” ihm doch nicht sagen zu können…

Und manchmal frage ich mich, worin denn die Lust dieser ausrangierten Patrons noch bestehen kann, wenn sie sich mit ein bisschen Ehrlichkeit auf Schritt und Tritt im ehemals eigenen Betrieb nur vormachen lassen müssen, dass sie ihn nicht mehr verstehen, bis sie eines Tages nur noch im Weg stehen… Es gibt den Patron nicht, der das verdient hätte, aber es gibt Tausende, die genau dies in Kauf nehmen, weil der letzte endgültige Rücktritt nicht besprochen, abgemacht und geplant wird – zu einer Zeit, in der alle Beteiligten noch mit intellektueller Vernunft und Herz für die gemeinsame Sache genau dieses traurige Ende vorausschauend verhindern könnten.