Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der vereinbarungssaumässige Rückruf

∞  16 Oktober 2009, 20:39

Heute abend. Es war so halb sechs. An einem Freitag ist das kein Zeitpunkt, an dem man einen geschäftlichen Anruf erwartet.
Wir stehen in der Küche, die Hände im Teig, sprichwörtlich.
“Ach komm, lass läuten”, meint Thinkabout’s Wife. Ich wische mir dennoch die Hände sauber und laufe zum Hörer.
Es ist, natürlich, für die Katz. Oder schlimmer. Ich ärgere mich.

Es ist bei uns in der Schweiz der Zeitpunkt, zu dem wir jeweils entscheiden (müssen oder dürfen), ob wir die Krankenkasse wechseln wollen oder nicht. Ich habe mal gelesen, dass nur 3% der Bewohner einen solchen Wechsel vornehmen, obwohl die Preisunterschiede gross sind und das Leistungsangebot in der Grundversicherung gesetzlich vorgeschrieben bei allen Kassen das gleiche ist.

Diese Herbstzeit muss für die Damen und Herren Verkäufer von KK-Versicherungen ziemlich stressig sein. In ein paar Wochen die Ernte fürs ganze Jahr einfahren…
Entsprechend abgefeimt sind die Methoden.
Der Herr ist von der Mutuel. Meinen Namen kennt er, seinen eigenen vergisst er erst zu nennen. Er würde mich vereinbarungsgemäss wieder anrufen, meint er, wie es der Kollege im Gespräch im Frühjahr versprochen hätte. Als ich ihm sage, dass ich ganz sicher sei, dass der mich nicht angerufen hätte und ich ihm keine Informationen gegeben hätte und ganz bestimmt keinen erneuten Anruf gewünscht hätte, meint er nur:
“Doch, es steht im Computer”, und schon rechnet er mir vor, dass wir als vierköpfige Familie mehrere hundert Franken sparen können – pro Monat.
Voilà, Sie Schwerenöter. Wir sind ein Zweipersonenhaushalt. Aber natürlich hat “man” uns im Frühjahr angerufen und wahrscheinlich habe ich da den bedauernswerten Kollegen im Glauben gelassen, wir wären zu viert?

Die Tricks, um Verbindlichkeit zu erzeugen und das brüske Nein in den ersten Sekunden zu vermeiden, sind vielfältig. Als ich endlich auflege, schütteln wir beide nur den Kopf. Und ich stelle mir die einsamen Menschen in Ein-Personen-Haushalten vor, die von keinem Schwein angerufen werden, ausser…

Aber ich will nicht persönlich werden. Allerdings lasse ich mir die Meinung auch nicht nehmen, dass, wer so um Kunden werben muss, tatsächlich eine arme S… ist.