Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der ungünstige und doch "richtige" Zeitpunkt

∞  1 Juni 2013, 18:28

Wie oft sagen wir: “Ausgerechnet jetzt”? Wir beschwören das Timing und verschlimmbessern mit der Einstellung zum Ereignis dessen Wirkung. Meist lässt sich das auch umdrehen. Es ist nur eine Frage der Sichtweise.

Man kennt das gut von Sportkommentatoren. Was sich anhört wie eine Platitüde, ist allzu oft sehr ernst gemeint:

Das Gegentor fiel in einem ungünstigen Moment.

Gibt es einen günstigen Zeitpunkt für ein Gegentor? Warum soll, zum Beispiel, ein solches, unmittelbar vor der Pause, besonders schwierig zu verkraften sein? Ist nicht gerade das Gegenteil der Fall? In der Pause kann man sich sammeln, der Trainer kann auf die Situation eingehen und auf das Team einwirken. Viele dieser “ausgerechnet jetzt – Sätze” sind einfach Mumpitz – und reine Einstellungssache.

Es gibt auch für eine Grippe selbstverständlich keinen guten Zeitpunkt – aber einen, den man annehmen kann. Ich erkenne zum Beispiel sehr wohl, dass mir eine Zwangspause, ein Herunterfahren auf Null normal Betriebstemperatur, durchaus gut tut, mein Körper sich erholen kann, mein Kopf vor allem sich auszulüften vermag, zumindest dann, wenn er sich nicht mehr anfühlt wie ein voll gepumpter Heissluftballon – und so bald ich bereit bin, die Sache so zu sehen, betrachte ich plötzlich auch das Timing als willkommen:

Ich habe eine kurze Arbeitswoche erwischt, just den Auslandaufenthalt noch hinter mich gebracht, miserables Wetter vor der Tür – ja, die Grippe darf sein. Aber sie dürfte und sollte auch sein, wenn ich mehr als die Nacharbeitung der Messe vor der Brust hätte. Eine Grippe, eine Krankheit, hat immer ihren Grund, und sie hat ihn dann und in dem Zeitpunkt, in dem sie Tatsache wird.

Was immer uns geschieht – es erlaubt Reaktion, fordert sie vielleicht auch – und wenn diese Reaktion nicht möglich ist, dann ist vielleicht genau dies von uns gefordert: Ergebung. Hinnahme. Aushalten. Geduld haben. Gegentore fallen immer mal wieder, und es gibt einen Grund für deren Zeitpunkt. So gesehen schlägt es jeweils im genau richtigen Moment ein.