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Der Soldat hat keine Chance

∞  25 Februar 2012, 15:45

Bradley Manning, mutmasslicher WikiLeaks-Informant, wartet auf seinen Prozess, durchgeführt von der US-Militärjustiz, die ihn unter anderem der “Zusammenarbeit mit dem Feind” beschuldigt.

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Die Mühle mahlt. Interessant ist, was die Militärjustiz vorrangig und frühzeitig verlauten liess, und womit sie sich zurück hält. Gar nicht eilig hat sie es mit dem Prozessbeginn. Manning sitzt bereits 635 Tage in Militärgefängnissen. Laut Gesetz hätte ihm der Prozess spätestens nach 120 Tagen eröffnet werden müssen. Die Militärjustiz allerdings will auch jetzt nicht vor nächstem August beginnen. Das Kalkül ist klar: Je mehr Aufmerksamkeit der ganzen Thematik rund um Wikileaks abhanden kommt, um so weniger Kollateralschaden in der öffentlichen Wahrnehmung wird der Machtapparat erleiden, wenn man schlussendlich Bradley Manning lebenslang hinter Gitter schickt. Denn genau das wird geschehen. Dazu passt durchaus, dass ein Militärsprecher frühzeitig verlauten liess, dass man die Todesstrafe in keinem Fall beantragen werde. Was im gleichen Kalkül begründet liegt: Kein allgemeines Aufsehen zugunsten von Manning.

Jedem möglichen weiteren Whistleblower militärischer und regierungsinterner Geheimnisse soll am Beispiel von Bradley Manning drastisch die schlimmstmögliche Konsequenz einer Informationsweitergabe vorgeführt werden, ohne dass sich die Instanzen vor der allgemeinen Öffentlichkeit dem Risiko eines grossen Imageschadens aussetzen. Bis zum August kocht sich die trübe Suppe rund um die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange in Schweden zudem weiter hoch – das Timing ist perfekt. Sie werden Bradley Manning ans Kreuz nageln, möglichst sichtbar und mit so wenig Gnade, wie es die Politik zulässt.

Die Personen an der Macht sind sich sehr wohl bewusst, welche immense Gefahr vom Beispiel Manning ausgeht: Es ist nicht auszudenken, welche Konsequenzen ein Schule machendes Beispiel dieser Art haben könnte – und es ist wohl in keinem anderen Szenario so unmöglich, eventuelle Lecks durch ein anderes Mittel zu verhindern, als durch die schiere Abschreckung. Manning hat keine Chance.