Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der Final der Sirenen

∞  27 Januar 2012, 14:46

Wenn Sie morgen vormittag ab halb zehn durch die Fernsehprogramme zappen, sollten sie den Fernseher vorsorglich leiser stellen… Dann werden nämlich Maria Scharapowa und Victoria Azarenka im Final des Australian Open die erste Tennis-Championne des Jahres unter einander ausmachen und sich dabei quiekend, stöhnend und kreischend über den Platz hetzen. Je enger die Ballwechsel werden, um so lauter wird gestöhnt, und hörte man zwischendurch nicht das Ploppen des Balles, so könnte man, ohne aufs Bild zu schauen, meinen, man würde einer überdrehten Porno-Szene lauschen.

Allerdings hält sich der Rausch der Begeisterung bei immer mehr Zuschauern und Gegnerinnen in immer engeren Grenzen, und es mehren sich die Stimmen, die nach einer Korrektur verlangen. Verbieten will das Gestöhne zwar (noch) niemand, aber man will bei jüngeren Spielerinnen darauf hinwirken, dass die damit gar nicht erst anfangen. Das allerdings dürfte schwierig werden, denn nicht wenige vermuten, dass das Stöhnen in Dezibel-Bereichen, die sich mittlerweile mit den Geräuschen einer Kreissäge vergleichen lassen, Vorteile bringt. So hat die Altmeisterin Martina Navratilova darauf hingewiesen, dass durch das Geschrei der Treffpunkt des Balles auf dem Schläger von der Gegnerin nicht gehört werden kann, was für die schnelle Reaktion für den Rückschlag sehr wichtig sein kann. Zudem kann jeder Spieler eines selbst beobachten:

Stöhnt er selbst einmal ein paar Games lang, indem er die Luft beim Atmen laut aus den Lungen presst beim Schlagen, wird er feststellen, dass dies hilft, die Atmung beim Schlagen zu optimieren. Es ist schwer anzunehmen, dass diese Beobachtung am Anfang dieser Unsitte stand. Daher wird das auch weiter so gehen, so lange niemand den Mumm hat, schlicht eine neue Regel einzuführen. Aber da ist es wohl wie mit der 25-Sekunden-Regel zwischen den Ballwechseln: Die ist wirklich nur Theorie und könnte man auch streichen.

Dabei könnte es morgen so schön sein und nur um Tennis gehen: Hiesse der Final Kim Clijsters gegen Petra Kvitova, dann wäre das ein ganz normales und noch immer sehr gutes Tennismatch: Beide Damen stöhnen höchtstens über einen schlechten Punkt und haben ansonsten ihre Stimmorgane im Griff. Aber die beiden haben gegen die oben erwähnten Sirenen verloren… Es scheint also etwas dran zu sein an der bizarren Atemtechnik. Ich für meinen Teil werde morgen mal rasch reinsehen. Also, reinhören, denn es ist geradezu bizarr, wie sich das entwickelt hat. Dann werde ich mich anderem widmen. Frauentennis schaue ich genau wegen solchen Begleiterscheinungen schon lange nicht mehr. Irgendwann wird es vielen so gehen – und dann dämmert es vielleicht auch der WTA und den Hauptpersonen, dass es so nicht weiter gehen kann.