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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der erfolgreiche Rücktritt

∞  2 April 2012, 20:34

Nach einer erfolgreichen Karriere den richtigen Moment zu erwischen, um zurück zu treten, ist so etwas wie die vermeintlich bittere letzte grosse Herausforderung im Rampenlicht, in der Verantwortung, an der Front.

Bei Sportlern kann man die unterschiedlichen Wege beobachten. Ein paar Beispiele: Hat der ehemalige Fussballweltmeister und Europas Fussballer des Jahres, Cannovaro, jetzt aufgehört zu kicken? Zuletzt habe ich von ihm aus Arabien gehört.

Didier Cuche bekam in einer nochmals erfolgreichen Saison mit dem 5. Sieg in Kitzbüehl eine richtig schöne Abschiedstour geboten – mit viel Wertschätzung.

Anja Pärson ist nun zurück getreten. Zuletzt wurde es still um sie – aber erfrischend fröhlich ist sie geblieben. Wenn es ihr Spass gemacht hat bis zuletzt, warum nicht?

Kimi Räikkönen, einst Ferrari-Starpilot und F1-Weltmeister, ist vom Rücktritt zurück getreten und fährt in einer ganz anderen Kiste wieder Formel 1. Er schreibt damit eine Geschichte weiter, deren Kapitel wahrscheinlich Kleckse sein werden im ganzen Buch.

Bei Sportlern geht es um die Einsicht, dem Körper sein Recht zu geben – der Entscheid betrifft Sponsoren, Servicemänner etc., aber der Sportler ist Angestellter in einem Lauf, der laufend Nachfolger hervorbringt.

Etwas anders mag das bei altgedienten Firmenchefs aussehen. Das sind fast immer ganz besondere Persönlichkeiten – sonst wären sie gar nicht an den Punkt gekommen, vor dieser schwierigen Aufgabe zu stehen: Dem altershalben Rücktritt aus der eigenen Firma. Die meisten schaffen es – bis zu einem bestimmten Punkt. Aber sehr oft ist der letzte Schritt, der eigentlich nötig wäre, grausam schwierig – und kann in einem Familienunternehmen zum echten Problem werden. Es ist nicht besonders prickelnd, wenn der Sprössling der Familie und Firma mit 55 noch nicht zum Patron gemacht worden ist, und es kann demütigend sein und das ganze Gewicht in der Verhandlungsführung torpedieren, wenn auf der anderen Seite Personen sitzen, die dem einen innerlich vorhalten, nicht los lassen zu können – und den anderen disqualifizieren, weil er sich das gefallen lässt.

Ich kenne einige solcher Unternehmen – und gute bis sehr schlechte Beispiele für diesen Prozess – mit entsprechenden Auswirkungen auf diese Firmen. Dabei ist es sehr menschlich, dass das Loslassen schwer fällt: Wir alle glorifizieren gewisse Ereignisse und “Resultate” in unserem Leben und freuen und daran, daran mitgewirkt zu haben – oder verantwortlich dafür zeichnen zu können. Am Ende aber bleibt nur der Rücktritt, die Rente, der Ruhestand. Mit wachem Geist und alternativen Aufgaben, vielleicht, aber mit einer neuen Motivation. Ständig der eigenen Bedeutung alle Energie zu schulden, macht nämlich nicht weniger alt, als ein erfülltes Pensionärsleben.

Und alle, die wir jetzt so gescheit und aus Anschauung gewitzt darüber reflektieren mögen: Wie machen wir es einmal selber?


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