Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der bloggende Verkehrsminister

∞  17 März 2007, 15:31

Moritz Leuenberger bloggt – und macht damit seinem Ruf, der unkonventionellste Bundesrat zu sein, Ehre. Denn in der Tat ist er damit gehörig subversiv – zumindest gegenüber den Medien, die mit Argusaugen verfolgen, was sich da tut, und entsprechend ist denn auch die Wahrnehmung des Verkehrsministers:

Immer noch werde ich von Journalisten über den Blog befragt und ich realisiere erst jetzt, dass die Presse einen Blog als Konkurrenz empfindet. Das erklärt ja auch ein wenig die spöttischen Bemerkungen in den Zeitungen zu meinem Experiment.
- In seinem Blogeintrag von heute

Blogs sind schon fast wieder totgeschrieben worden von den Medien, kaum waren sie zuvor ebenso schnell zum allgemeinen Thema gemacht worden. Jetzt demonstriert ein Bundesrat sehr schön, WAS ein Blog bewirken kann: Es ist gerade für Personen des öffentlichen Lebens DIE Möglichkeit, die eigene Meinung und Darstellung ungeschminkt und unredigiert, ohne Schnitt und Kürzung, ohne jegliche Verfälschung durch Dritte kundzutun. Und dafür wird kein anderes Medium, kein Zeitungstitel, kein Fernsehen benötigt. Kunststück, fällt da die Neusortierung der eigenen Funktion den Journalisten ganz allgemein schwer. Die Angesprochenen aber, die Bürger, geniessen das Projekt – und nehmen regen Anteil. 250 Kommentare in kurzer Zeit für einen einzelnen Beitrag sprechen Bände. Und Moritz Leuenberger macht weiter und demonstriert sogleich eine weitere Tugend: Er geht auf die Kommentare ein, ja scheint sie tatsächlich zu lesen, oder zumindest wichtig genug zu erachten, sie von Mitarbeitern sichten zu lassen.
Leuenberger spricht zwar selbst von einem Experiment – aber er betreibt es durchaus ernsthaft, wie mir scheint. Und er tut uns “privaten” Bloggern damit einen Riesen-Freundschaftsdienst, indem er ein Beispiel dafür liefert, wie ein Blog eine Schnittstelle darstellen kann zwischen realer Begegnung und virtueller Vertiefung. In diesem Fall ist es dies wirklich. Und genau dies wünschen wir Blogger uns doch: Dass Blogs etwas werden, das nicht nur Blogger interessiert, sondern potentiell jeden Zeitgenossen, der auch im Internet surft, aber nicht als Bit-Junkie, sondern als Gefühls- und Intellektmensch aus Fleisch und Blut.

Eine feine Nuance möchte ich noch nachtragen: Das Blog kommt auf einem Portal daher, das nichts mit der Bundesverwaltung zu tun hat. Eine feine Art, deutlich zu machen, dass es ein persönliches Projekt sein soll (so weit das einem Minister überhaupt möglich ist) – und ein grosser Unterschied zum Beispiel zum Blog von Kurt Aeschbacher, der unter dem Dach von SF1 nicht die gleiche Freiheit geniesst.