Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das Wesen tiefer Reisebekanntschaften

∞  18 Juli 2008, 07:12

Die Jahre ziehen vorbei – und mit ihnen so viele Menschen, denen man flüchtig bis intensiv begegnet, um sie dann wieder weiterziehen zu lassen wie das Bild vor dem Fenster im fahrenden Zug. Wir ziehen weiter. Oder bleiben in unserer Welt gefangen oder daheim.

Distanzen in Kilometern formen sich oft zu Abständen in Zeitläufen, in denen man sich einander wieder erinnert und den Kontakt erneut sucht. Die Perioden der Funk- und Mailstille werden länger – und eher früher als später weiss man: Der Zug ist wirklich abgefahren.

Gerade auf Reisen haben wir allerdings immer wieder Menschen kennen gelernt, zu denen der Kontakt auch über viele Jahre erhalten blieb und immer noch besteht. Dabei schreiben wir uns kaum, und telefonieren tun wir erst recht nicht. Aber es ist, als würde man die Haltung des Reisenden im Verhältnis zu der Bekanntschaft, die man unterwegs macht, konservieren: Es gibt ein Interesse, dem von allem Anfang an das Wissen innewohnt, dass man Reisender ist, wahrscheinlich vorbeizieht und nach der nächsten Ecke wieder allein sein wird, vielleicht auch will. Oder zu Zweit allein. Und also begegnet man sich am Ort, im Augenblick, so intensiv wie möglich, und nimmt das dann mit, ohne weitere Erwartung.

Zu Hause stellt sich dann von Zeit zu Zeit heraus, was wirklich anklang, damals, in Bali oder in der Mongolei, und es werden Freundschaften zu Hause begründet – oder weitere Reisen geplant, diesmal zusammen. Es entstehen Bande, die sich nicht sichtbar auf das tägliche Alltagsleben auswirken. Aber sie sind da. Lebendig in gemeinsamen Erfahrungen, in Momenten, in denen man sich gegenseitig eine Hilfe war oder ganz einfach jemand da war, um das Glück eines Reisemoments mit mir teilen zu können.

Es sind dies Gemeinschaften, stillschweigende, wissende Übereinstimmungen, die gefeiert werden, wann immer man sich wieder sieht. Sie sind sofort wieder da, ohne dass man sie zerreden würde.

Der Blick in die Augen reicht, das neben einander Sitzen, um sich zu erinnern. Die Bauern feiern Erntedankfeste. Reisende feiern Wiedersehen – als stillen Dank an das Geschick, das ihnen zur rechten Zeit die rechten Begleiter sandte.


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