Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das Kind, das eigene

∞  18 August 2014, 21:23

istockphoto.com/marcelmooij

Seit Jahren bekomme ich intensiv Prozesse mit, in welchen das besondere Verhältnis, das Eltern zu ihren Kindern haben (können), mich immer wieder verstört.

Selbst bin ich nur Sohn, nicht Vater, und vielleicht macht mich das ein bisschen Fragender, habe ich weniger Verständnis oder sehe keine Möglichkeit, gewisse Beobachtungen einzuordnen:

Was ist das für eine Aussage, wenn die Mutter von einem Auftritt ihres Sohnes erfährt, und die grösste ihrer Sorgen die ist, ob der Sohn sich blamiert haben könnte? Oder umgekehrt sich überheblich zeigte? Einen Sohn, wohlverstanden, den sie jahrzehntelang dazu erzog, genau das nicht zu sein, zu tun? Hat sie so wenig Zutrauen zu ihm, oder zur eigenen Erziehung? Was für ein Stress, wenn sie ständig befürchtete, sie bekäme Grund, sich zu schämen? Und was für eine Anmassung darin liegen kann, sich partout glauben schämen zu müssen!

Oder die Eltern, die den Nachbarn eher glauben als der eigenen erwachsenen Tochter? Wer was wie wohl wirklich gesagt hat?

Und was ist mit dem Vater, der unter mehrern Angestellten für alle ein Lob hat, nur die Tochter hat praktisch keine Chance, ein solches zu hören? Bekommt er dann aber wirklich ein Problem, ist sie doch diejenige, die es lösen soll…

Warum gibt es so viele Eltern, die so hart zu ihren Kindern sind? Auf eine Art und Weise, die sehr unreif auf mich wirkt.

Tritt das Alter seinen Schleppzug an, ist kaum mehr der Zeitpunkt, an diesen Dingen zu rühren. Es lässt sich dann nur hoffen, dass jene Momente, in denen die erhaltene Hilfe erkannt und verdankt wird, es dem Kind leichter macht, seine Eltern auch mal als Erwachsene zu sehen – so, wie sie von Herrn und Frau Nachbar gesehen werden und für das Kind doch gar nicht sind. Oder doch? Ein wenig? Die Sicht von oben nach unten und umgekehrt lässt oft ins Dunkel blicken oder ins Gegenlicht blinzeln. Manchmal hilft auch nur Abststand und die Tatsache, dass das eigene Leben zu haben keine Utopie ist, sondern ein Teil des eigenen Lebensentwurfs – des Sinns der Erziehung.