Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das Internet macht's billiger

∞  26 Oktober 2010, 20:06

Im Hintergrund vieler Dinge, die wir konsumieren, stehen heute ganz andere Beschaffungsprozedere als noch vor wenigen Jahren. Das Internet macht so genannte Auktionen möglich. Güter des täglichen Bedarfs, welche in grossen Mengen eingekauft und konsumiert oder eben verbraucht werden, sind dafür, immer betriebswirtschaftlich gesprochen, sehr geeignet. Die Ausschreibung gibt die Beschreibung des Produkts vor, die Dimensionen, die Qualität, die Verpackung, bestimmt die Liefer- und Zahlungskonditionen. Grundsätzlich liegt die Vorgabe also objektiv auf dem Tisch – und das Internet erlaubt es nun, quasi global nach dem bestmöglichen Angebot zu suchen.

Damit noch mehr Einkaufsmacht entsteht, welche sich danach misst, wie viel der Nachfrager benötigt, also absetzen kann, schliessen sich verschiedene Firmen zu Einkaufsgemeinschaften oder “Pools” zusammen, betreiben selbst ein solches Internetportal oder betrauen eine darauf spezialisierte Firma mit der Durchführung der Ausschreibungen.

Eines ist ganz klar:
Die Erhebung der Marktverhältnisse, das “Testen” möglicher Einkaufsalternativen geschieht auf diesem Weg sehr dynamisch und effektiv. Der Nachfrager fühlt sich emanzipiert, ist viel weniger als früher auf Darstellungen des Marktes durch seine bestehenden Partner angewiesen. Aber wie kann er beurteilen, ob das Angebot eines neuen Bieters seriös ist?

Ich habe mit europäischen Herstellern nun verschiedene Male genau das gleiche Prozedere erlebt: In der Auktion taucht ein Angebot aus Fernost auf, das im Preis Welten unter dem eigenen Preisniveau liegt.
Der Verweis auf qualitative Aspekte, Kundenservice etc. verpufft an erster Stelle wirkungslos: Der Auktionator fühlt sich dann bestätigt, wenn sich sein Verfahren, seine Evaluation für seinen Partner auszahlt, und dies misst sich für ihn einzig und allein am vorliegenden Preisangebot und an der Differenz zum bisherigen Einkaufspreis des einzelnen Poolmitglieds. Damit erbringt er seine Leistung.

Das Poolmitglied, der bisherige Kunde, kennt das Produkt, mit dem er beliefert wurde, hatte damit nie Probleme, ist vielleicht davon überzeugt. Aber er ist verpflichtet, Einsparungen im Einkauf vorzuweisen, und der Preisunterschied ist so gross, dass er den bestehenden Lieferanten mindestens in die Nähe des Auktionsangebotes drücken muss.

Geht sein Hersteller darauf ein, bedeutet das im Endeffekt nochmals verstärkten Druck auf die Produktion und das Produktionsmittel Mensch dahinter. Der Konsument profitiert augenscheinlich mit: Seine Geldbörse wird immer weniger für Alltagsdinge geschröpft. Schleichend aber wird er folgendes bemerken:

Preisunterschiede von 30% und mehr in diesen, oben beschriebenen Angeboten, können zwischen Asien und Europa durchaus bei Gebrauchsartikeln auftauchen. Unterschiede in den Lohnstrukturen sind bekannt. Aber es gibt auch noch ganz andere: Die Energiekosten verrechnet jeder Staat seinen Unternehmen unterschiedlich subventioniert, das Arbeitsrecht umschliesst mehr als nur Löhne, die Umweltauflagen sind äusserst unterschiedlich. Es ist manchmal, als würden zwei Mannschaften Fussball spielen und nur für die eine Mannschaft gilt die Abseitsregel. Nun kann man dem Markt das Wort reden und sagen: Das reguliert sich alles. Es braucht einfach Zeit. Der Aufstieg Chinas geschieht friedlich, weil es immer mehr Mittelstand in China gibt – auch wegen solcher geschäftlicher Erfolge.

Aber da ist noch ein Haken: Zwar sind die Ausschreibungskriterien punkto Qualität etc. vorgegeben. Fast immer folgt der Fokussierung auf den Preis allein aber ein Qualitätsabbau: Wer sich in einer Auktion verkalkuliert, versucht, etwas einzsparen – Wenn nicht der Ausschreibung bereits eine Abstufung der Qualitätsvorgaben voraus ging, oder sich eine solche anbot, weil das billigere Angebot enorm verlockend war.

Es hat seinen Grund, dass vor allem Discountartikel in den Sortimenten für solche Ausschreibungen besonders beliebt sind: Sie wollen billig? Das bekommen Sie. Aber mehr auch nicht. Je länger je mehr.