Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das eigene Innere

∞  7 Januar 2011, 11:57

Dass wir ein Inneres besitzen, von dem wir die Welt ausschliessen können, in das auch kein König einbrechen kann, das ist doch ein herrliches Gefühl.
August Pauly



Wirkt ein wenig provokativ, dieser Satz, nicht wahr? Aber ist er falsch? Ich bin ziemlich sicher, dass er in jedem von uns ganz viele und ganz unterschiedliche Gedanken auslöst. Wir sollen uns öffnen, heisst es immer. Und wir kehren ja auch viel nach aussen. Aber gerade in der Generation Facebook scheint mir, dass dies mit persönlichen Belangen geschieht, die man eben nicht mehr als persönlich betrachtet. Was wir öffentlich machen, geben wir immer auch preis. Wir spalten es von uns ab, denn wenn wir das nicht täten, machten wir uns vom Urteil anderer noch abhängiger. Je breiter wir uns auslegen, um so oberflächlicher scheinen wir zu werden.

Wenn wir aber wirklich von uns selbst reden, wenn wir uns erklären wollen, dann sind wir in aller Regel eher leise – und vielleicht hat unsere Stimme einen fragenden Unterton, denn wir sind ja immer auch weiter auf der Suche nach uns selbst. Das, wo kein König einbrechen kann, muss sich ja auch erst uns selbst erschliessen. Das uns allein gehörende Innere ist erst einmal eine Baustelle, eine aufgetragene innere Reise. Wir müssen uns selbst entdecken, und bevor wir tiefer sehen, sind wir erst einmal mit unseren Fragen allein, mit dem Zustand, in dem wir uns mit uns selbst befinden.

Das Gefühl, dass uns niemand wirklich etwas anhaben kann, dass wir unser Inneres geborgen halten können, bedingt, dass wir es auch aushalten mit uns selbst. Wir müssen mit uns selbst “etwas anfangen” können.

Und was ist denn mit unseren Partnern? Können wir so leben, mit dieser aufgerichteten Burg um unser Inneres? Nun, Pauly benützt die Möglichkeitsform, aber tatsächlich darf man sich einmal überlegen, wie viele Gedanken uns durch den Kopf gehen, Tag für Tag. Das meiste davon bleibt bei uns selbst, und tatsächlich tragen wir Vieles mit uns selbst aus. Wir sollen und müssen Gefühle ausdrücken, sie für uns und die Nächsten empfinden können, aber tatsächlich bleiben wir immer auch für uns. Partnerschaften kennen doch genau diese Herausforderung, zwischen Vereinnahmung und Abgrenzung, zwischen Verausgabung und Verkümmerung die Balance zu finden, die jedem einzelnen seine Freiheit lässt und gleichzeitig das Vertrauen nährt, dass man mit sich selbst nirgends so glücklich sein kann wie neben diesem einen Menschen in unserem Leben. Wir müssen diesem Menschen nicht Dinge erklären können, die wir selbst nicht verstehen. Aber er kann uns helfen, unsere Fragen auszuhalten. Und darum lohnt es sich für beide, das eigene Innere immer wieder ein Stück weit zu öffnen und wirklich etwas von sich zu erzählen.