Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das Dankeschön für den Vietnam-Reisebericht

∞  21 Januar 2010, 20:22

Sie können reisen, wie immer Sie wollen. Sie sind Tourist. Auch fernab von geführten Gruppenreisen im Touribus-Bomber, auf individuell zusammen gestellten Touren mit selbst gesuchten Schlafgelegenheiten – Sie bleiben Tourist. Meistens kommen Sie ja her, weil Sie ganz bewusst “mal etwas anderes” sehen wollen. Und auch Thinkys nehmen auf ihren Reisen immer all das mit, was sie als Europäer ausmacht, als Schweizer gar, natürlich, und ob wir nun drei, vier oder sechs Wochen Einblick erhalten, ob die Führer oder Einheimischen, die einem begegnen, offen oder eher verschlossen sind, immer sind da vor allem unsere eigenen Grenzen, an denen wir schon gar nicht wirklich vorbei kommen.

Ich muss immer ein wenig schmunzeln über den Eifer von Rucksacktouristen, welche sich auf jede einheimische Pritsche schmeissen und dann rufen: Seht her, ich bin ohne Hochmut. Schön ist das. Aber wir gehen dennoch durch ein Kino, und wir selektieren die Bilder.
Vielleicht liegt darin einer der Gründe, warum die Motive so oft die immer gleichen sind, wer auch immer die Pfade neu unter die Füsse nimmt… Die vertraute, schon selbst auf Fotos bewunderte Ästhetik…



Für Grossansicht aufs Bild klicken; © Thinkabouts Wife


Begegnungen sind sehr oft Augenblicke, flüchtige Momente. Aber gerade beim Reisen kann man erkennen, wie viel Bedeutung eine einzige Minute für einen Tag haben, ja für die ganze Reise bekommen kann.



Für Grossansicht aufs Bild klicken; © Thinkys


Und wir müssen sie deuten, die Unmenge an Eindrücken, Bildern, Gerüchen und Geräusche, mit dem, was wir an Wissen und innerer Erdung selbst besitzen. Und entsprechend unterschiedlich kann es zwei Menschen, die genau die gleiche Reise machen, dann im Endeffekt auch gefallen. So haben wir zweimal eine individuelle Reise durch Australien gemacht – und es beim zweiten Mal ganz anders empfunden. Da waren wir allerdings auch ein Jahrzehnt älter.
Wenn man viel reist, mag man ein wenig mehr Horizont wahrnehmen und verarbeiten können, weil man vielen Besonderheiten der fremden Umgebung gelassener gegenüber tritt. Aber das Fremde wird allenfalls anziehend, vertraut kann es auf diese Schnelle nicht werden.
Wir versuchen, uns das auch in Asien immer wieder bewusst zu sein, obwohl wir von diesem Kontinent schon immer angezogen wurden und dies nun letztes Jahr auch in Kambodscha und Vietnam so erlebten – so intensiv, wie eigentlich, ausser in Indien, noch nie zuvor. Diese Anziehung verändert aber nichts daran, dass wir Fremde bleiben – und dieses Fremde ist ja auch Teil der Faszination. Aber auch für die Menschen, die uns da begegnen und Scheu durch Neugier ersetzen.
Wenn man dann einen Reisebericht verfasst, so entlarvt man sich mit Garantie auf jeder Seite als der Fremde, der Klischees aufhockt oder Platitüden von sich gibt. Vielleicht vermag man es etwas geschickter anzugehen und die offensichtlichsten Schubladen nicht aufzumachen. Aber am Ende ist es der Bericht von Touristen über ein fremdes Land. Wir können nicht sagen: Kambodscha ist so, und Vietnam ist das. Aber wir konnten versuchen, zu erzählen, wie wir es empfunden haben – und was man uns näher brachte von diesen Ländern.
Ich muss gestehen, dass es mich riesig freut, wenn wir dann einen Kommentar wie den von heute bekommen, in dem die bei uns lebende Vietnamesin Phu schreibt:


ich habe noch nie so etwas schönes, poetisches, ehrliches und eindrückliches von meiner heimat gelesen.


Danke, liebe Phu, auch wenn sie wirklich übertreiben. Aber für das, was Sie beschreiben, gibt es ja auch keine objektiven Kriterien. Sie fühlen sich angesprochen, in jenen Schwingungen angerührt, die in Ihnen anklingen, wenn Sie an Ihre Heimat denken. Das ist auch für uns wunderschön, und diese Wortmeldung bedeutet mir sehr viel.
Ich wünsche Ihnen von Herzen ganz schöne Ferien in Vietnam im September! Was müssen das für Sie für Momente werden? Wie schwierig mag es manchmal sein, Fremde im “eigenen” Land zu sein, und auch am Wohnort irgendwie immer fremd zu bleiben? Was kann es da Schöneres geben, als Ihnen mit einem Reisebericht zu zeigen, dass wir etwas vom Reichtum Ihrer Kultur erspüren konnten, und dass wir dafür äusserst dankbar sind! Die eine Heimat, in der sich ein Mensch rundum geborgen fühlt, gibt es für viele Menschen nicht, oder noch nicht und nicht für immer. Wir bleiben immer auch Reisende und “fremdeln” gar schnell vor dem, was uns doch am nächsten liegen müsste: Dem inneren Frieden. Der ist an kein Land der Welt gebunden, aber Reisen lässt es sich vorzüglich, wenn man immer wieder nach ihm fragt.