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Christian Streich. So was von gerade.

∞  15 April 2012, 20:37

Ein Trainer wird zur Sensation, weil er einfach der Mensch bleibt, der er ist. Glaubhaft. Sogar die Sportreporter bringt er dazu, die Fragen, die sie sonst so in petto haben, zurückhaltender zu stellen – oder gar durch intelligentere zu ersetzen.

Es ist fast so, als würden sie die gleichen Erfahrungen machen wie seine Spieler: Im Kontakt mit dem Mann kann man sich Tiefgang erlauben.

Seit der Winterpause ist der langjährige Leiter der Freiburger Jugendabteilung Cheftrainer der Fussball-Bundesliga-Mannschaft, die er auf dem letzten Platz übernommen hat – um nun drei Runden vor Schluss praktisch gerettet zu sein – nach 22 Punkten in der Rückrunde – was Platz 5 ergeben würde. Heute ist gegen Hoffenheim ein weiterer Punkt dazu gekommen.

Leider ist die Sendung der ZDF-Sportreportage von heute Nachmittag, 17h10, im Ausland online nicht verfügbar, aber ich wiederhole aus dem Gedächtnis gerne ein paar Aussagen von Christian Streich, die allerdings aus dem Off nicht halb so überzeugend sein können, wie wenn man ihn auch noch hört: Der Mann denkt nach, bevor er was sagt – und zwar nicht, weil er laviert, sondern weil er sich ständig zu überprüfen scheint, ob er das jetzt wirklich gerade heraus formuliert oder doch nicht?

Dies ist wohl die überhaupt herausragende Eigenschaft: Christian Streich scheut sich nicht, vor der Antwort vor dem Mikrofon erst mal still zu bleiben und selber kurz nachzudenken. Das wirkt allein schon erfrischend. Und ehrlich. Und respektvoll dazu. Der Mann scheint uns nicht jeden Mist zumuten zu wollen.

Dann sagt er Dinge wie diese: Die Arbeit im Gefüge einer Mannschaft wird durch Begegnung besonders. Dann, wenn ich mich für den andern ein Stück weit auch neben der Arbeit auf dem Platz interessiere, wenn ich ihm helfen will, wenn ich den Eindruck habe, dass es ihm nicht gut geht – dann entsteht etwas Besonderes.

Es spricht der Jugendtrainer. Und der hat uns Erwachsenen so wahnsinnig viel zu sagen. Ich weiss gar nicht, ob ich mir wünschen soll, dass Christian Streich Bundesligatrainer bleibt. Ich habe wohl Angst, dass ihn die Bundesliga schaffen, aufreiben würde, auf Dauer, und selbst dieser authentische, unabhängige Typ seine Ruhe in dem Haifischbecken verlieren könnte – und Zeuge dieses Prozesses möchte ich wirklich nicht werden. Aber ich denke, man kann das Streich und seinem Club überlassen. Streich wird wissen, was ihm gut tut, auf Dauer. Und ich glaube, dass seine jeweilige Umgebung weiter sehr viel wird von ihm profitieren können – weil man diesem Mann begegnen kann. Sogar als Sportreporter.