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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Chinas Wen Jiabao als Vorzeigefürsorger

∞  19 Mai 2008, 18:34

Der Gegensatz im Verhaltens der chinesischen und der burmesischen Regierung lässt ein kleines Detail untergehen, wie mir scheint.

Die Chinesische Führung hat ja eine regelrechte Image-Offensive gestartet. Bevor ich zynisch wirke, schicke ich den weiteren Worten voraus, dass ich sehr wohl weiss, dass in der direkten Folge einigen tausend Menschen Linderung zuteil wird und Hilfe zukommt. Und das ist es wert, keine Frage.
Einmal mehr beweisen die Machthaber Chinas, dass sie ein gutes Gespür für die Führung ihres Volkes haben. Im Gegensatz zu den burmesischen Militärköpfen überspannen sie den Bogen nicht. Ja, sie haben die einmalige Gelegenheit erkannt, aus der Duplizität der Ereignisse mit den praktisch gleichzeitigen Naturkatastrophen in Burma und China im direkten Vergleich eine ganze Wagenladung Pluspunkte zu sammeln. Und auch hier tragen die nahen olympischen Spiele sicher dazu bei, dass China im Fokus der Weltöffentlichkeit ein Zeichen setzen will.

Es zeigt sich, dass die Chinesen ihrer Führung auch zu vertrauen bereit sind und entsprechend lassen sie sich auch solidarisieren für die gemeinsame Sache: Es gibt in China kein anderes Gemeinwesen als die Partei und damit den Staat, über das Chinesen Gemeinschaftsgefühle entwickeln können.

Jetzt werden Erdbebenopfer unter den Chinesen in Spitälern gratis behandelt, wo sie sonst hoffen, niemals krank zu werden, weil sich die meisten einen Spitalaufenthalt nicht leisten könnten. Der Premier Wen Jiabao wird zum veritablen Krisenmanager, der diese Rolle mindestens so gut beherrscht wie weiland Herr Schröder in Deutschland an überlaufenden Deichen.

Warum das alles bei mir doch ein wenig zynisch klingt? Der sich anbietende, für China so positive Vergleich mit Burma (wo die Militärs sich nicht scheuen, ihre schlimmste Fratze vor der Weltöffentlichkeit zu offenbaren, wenn es darum geht, das Volk unter der Knute zu halten, auch in der nun allergrössten Not), ist einfach zu verlockend. China profiliert sich als humanistisch fortschrittlich denkender und für seine eigenen Landsleute sorgender Staat – und ist gleichzeitig die einzige Macht, die Burma dazu zwingen könnte, die Grenzen für Hilfsdienste ihrerseits zu öffnen (wenn dies jetzt halbherzig teilweise geschieht, so ist das viel zu spät). Denn Burma hat in China den einzigen richtigen Verbündeten, und China paktiert mit dem Militärregime, weil es eine lange internationale Gasleitung bauen will…

Nicht mal humanitäre Hilfe ist ohne Politik denkbar. Nicht im eigenen Land, und auch nicht im Umgang mit Nachbarn. Und deshalb schaue ich dennoch ein bisschen bitter nach China – während ich mich für jede Frau, jedes Kind, jeden Menschen freue, dem direkte Hilfe zuteil wird, mehr vielleicht, als dies in anderen Zeiten der Fall gewesen wäre.

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Korrektur / Präszisierung von 19h05 (19.05.08):
Es ist nicht korrekt, von China als einzigem Verbündetem zu sprechen. Sämtliche reicheren Nachbarn profitieren davon, in Burma Bodenschätze zu Hungerlöhnen für einheimische Arbeiter abbauen zu können. Und diese Nachbarn verhalten sich unisono ruhig. Thailands Premier z.B. hat sich angehört, als wäre er burmesischer Regierungssprecher…