Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Bobby California ist jetzt ein normaler Blogger

∞  29 Oktober 2011, 21:08

Bobby California hat seinen Kreuzzug beendet. Fünf Jahre lang hat er gegen die Bloggerszene gewettert und ihr Beliebigkeit und Untiefe attestiert, um umgekehrt die Fahne der redlichen Holzmedien-Journalisten hochzuhalten.


Auch ich bin ihm in Debatten auf (Medien-)Blogs ein paar Mal in die Quere gekommen – manchmal aus mir nicht ganz verständlichen Gründen. Aber Bobby war ja durchaus auch missionarisch unterwegs, und da bedient man sich dann schon mal einer schärferen Rhetorik und nennt dann diesen Ort hier “einen schöngeistigen Blog”. In meinem Fall haben wohl zwei für sich betrachtet kleine Randnotizen ausgereicht, Bobby California zur Weissglut zu treiben. Da war mal einerseits die Tatsache, dass ich, “nur” ein Blogger, mich erdreistete, Blogs durchaus das Potential zuzusprechen, journalistische Arbeit leisten zu können – und vor allem ein Mittel zu sein, Journalisten hinter dem Off-Ofen der Holzmedien hervor zu locken.

Dass ich das als einer dieser Amateurschreiberlinge tat, ging ihm ganz bestimmt gegen den Strich, und dazu passte dann natürlich auch noch mein Pseudonym, was ihn schon mal dazu einlud, Kommentare, die auf mich gemünzt waren, mit dem Vermerk Think about this abzuschliessen. Ich war ihm nicht nur zuviel Schöngeist, sondern auch eine Projektonsfläche für den Reflex: Rechthaber trifft wohlmeinenden Besserwisser.

Alles kein Problem, auch wenn es mich oft genervt hat und ich die reflexartige Rhetorik oft bemühend fand – lieferte es mir doch den Vorwand, hinter Bobby California einen frustrierten Print-Journalisten zu vermuten, der allem, was online daher kam, jede Bodenhaftung absprechen wollte, als würde das den Gang der Entwicklung in irgend einer Form aufhalten können.

Nun hat er sich also geoutet: Andreas Gossweiler ist Redaktor bei der Zeitschrift Gesundheitstipp und hat in einem Gespräch mit der Medienwoche Bilanz gezogen. Wenn er dabei nun anmerkt, dass auch er als Bobby Califonria “nicht frei von Emotionen” gewesen sei oder er sich über den Stil gewisser Kommentierer kritisch äussert, reitet er noch ein wenig weiter auf dem Gaul, von dem herab er das Tun anderer nicht mit den eigenen Bocksprüngen gleich setzen mag.

Im Grossen und Ganzen aber wird Andreas Gossweiler hoffentlich feststellen, dass in der so genannten Blogosphäre, durchaus auch in der Nähe bloggender Journalisten, die hitzige Debatte nicht verhindert, dass man es auch gut sein lassen kann und zur Tagesordnung zurück findet.

Wir suchen alle unseren Weg und Stil – und es ist nun mal gerade das besondere Wesen der Möglichkeiten zur öffentlich geäusserten Meinung im Web 2.0, dass diese Wege sehr individuell gestaltet werden können – zumal dabei keine Rahmenidentität eines Mediums die Leitplanken vorgibt – dafür auch weniger Rücksicht genommen werden muss auf Hierarchien, unter deren Zwang zum Broterwerb manchmal auch die Färbung der Inhalte stehen mag. Aber halt, ich will nicht neue Polemik entfachen, und so manche Debatte hat sich – durchaus auch zu unser aller Vorteil – tot gelaufen, weil einfach alles dazu gesagt ist. Dazu gehören die Pro und Contras von “anonym” und “Klarnamen” genauso wie jene von “Journalist” vs. “Blogger”.

Ich wünsche Gossweiler für sein weiteres Bloggen den gleichen Spass, den wir auch daran haben. Und er darf dabei durchaus auch mal feststellen, dass nicht jedes Thema bedeutungsschwer daher kommen muss, und das scheinbar Beliebige in einem Blog durchaus einen Platz haben darf, den es woanders nicht mehr findet. Weil man sich als Blogger mehr Gedanken darüber machen darf, was einem selbst denn nun eine Zeile zu schreiben wert ist, als darüber, wen das sonst noch alles zu interessieren haben sollte. Diese Ausgangslage ist per se nämlich noch längst kein Indiz, dass das Geschriebene von schlechter Qualität ist. Davon überzeugt sein oder dem widersrpechen kann man zukünftig auch, nachdem man bei Gossweiler selbst gelesen hat.