Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Bloggen, reden oder Klappe halten?

∞  30 Juni 2010, 14:01

Wer sich – in welchem Umfeld auch immer, wie persönlich oder öffentlich es auch sein mag, über politische oder gesellschaftliche Themen äussert, seine Meinung oder Anschauung kund tut, riskiert immer, dass er Menschen, die meinten, “einen gut zu kennen”, vor den Kopf stösst.

Es ist schmerzlich, wenn Diskussionen zu Sachthemen Emotionen schüren, welche schlussendlich die persönliche Verbindung zu tangieren beginnen. Nichts ist mir in der Folge der engagierteren Artikel in diesem Blog schmerzlicher als die Erfahrung, dass es immer mal wieder geschehen kann, dass persönliche Sympathie “beschädigt wird”:

Es ist nicht so schwer zu ertragen, wenn “fremde” Menschen die eigene Meinung nicht teilen, ja nicht einmal, dass die Argumente gar nicht geprüft werden. Nicht alle Menschen haben zu allen Themen den gleichen Zugang. Im Gegenteil: Die persönlichen Erfahrungen, der Hintergrund, das Basiswissen, all dies ist sehr unterschiedlich, und genau so sind es die persönlichen Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen.
Wenn sich diese Fremde manifestiert, wenn sich Gräben zwischen Menschen auftun, wo scheinbar uneinreissbare Brückenschläge vorhanden waren, dann ist das ein hoher Preis. Manchmal fragt man sich dann als Blogger wie als Diskutant in einem anderen Rahmen, ob “dies” die Sache wert ist? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Mir scheint eines dabei wichtig:
Es kann sein, dass aus solchen Situationen sich eine neue Distanz ergibt. Das ist traurig, aber manchmal einfach auszuhalten. Wenn man im Grunde seines Herzens weiss, dass sich beide Seiten nicht verbiegen wollen und können und einfach bei ihrer Meinung bleiben wollen und müssen, ohne die Gegenposition persönlich zu nehmen, dann ist diese Distanz nie von endgültiger Dauer. Wenn aber der Respekt fehlt oder ein Thema zum Laktattest wird, ob jemand mit Gefolgschaft seine Freundschaft beweist, dann werden Tischtücher zerschnitten.

Eine Erfahrung aber lohnt alle diese Auseinandersetzungen: Wenn zwei Menschen mit gegensätzlichen Positionen auf einander hören und das jeweils andere bedenken mögen, dann entsteht daraus eine Dualität, die das eigene Denken befeuert – und die Freundschaft im besten Sinn pfeffern kann.
Und sonst kann man sich dann auch mal hinsetzen und feststellen: Okay, alter Junge, lassen wir es gut sein, wir werden hier nie gleicher Meinung sein. Weisst Du eigentlich, wie der FCB heute gespielt hat?

Wenn wir uns nur mit Gleichgesinnten umgeben, stärken wir den Chor und seine Choräle, aber nicht unbedingt die innere Reflexion, nicht wahr?

Und wenn die Gegenpositionen, die man aushalten muss, dazu führen, dass man sich mal zurück nimmt und in einer Runde plötzlich gefragt wird: “Wie siehst du das eigentlich?” wie ich es in den letzten Wochen vermehrt erfahre, dann ist das gar nicht so schlecht. Es würde dann bedeuten, dass man selbst ruhiger wird. Dass ich die Klappe zukünftig halte, ist deshalb nicht so schnell zu befürchten oder zu hoffen. Dass man selbst mit seinen Erfahrungen ein wenig bedachter wird, wünsche ich mir für mich selbst ja auch.