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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Blocher bezieht schon mal die Schützengräben

∞  10 Mai 2014, 21:34

Alt-Bundesrat Blocher will nun auch alt-Nationalrat werden und tritt per Ende Mai aus dem eidgenössischen Parlament zurück. Der Mann ist konsequent. Offensichtlich hat er schon länger das Gefühl, in Bern seine Zeit zu verplempern, denn keiner hat so viel gefehlt wie Blocher: Bei mehr als einem Drittel aller Abstimmungen war er abwesend. Damit führt er auch diese Rangliste mit weitem Abstand an.

Es ist also nur konsequent, dass er nun gar nicht mehr hingehen mag, weil die wirklich wichtigen Dinge eh nicht im Parlament entschieden werden. Sondern in Volksabstimmungen. Er will, wortwörtlich, dafür sorgen, dass die Schweiz so oft wie möglich NEIN sagt und den Landesverrat verhindert: Den Verkauf der Schweizer Polit-Kultur und der nationalen Identität an die Europa-Bürokratie in Brüssel. Es klingt gerade so, als hätte sich die Welt seit dem Nein zum EWR vor der Jahrtausendwende überhaupt nicht verändert. Die “Lösungen”, welche die SVP unter dem Strich parat hat, sind uns nach wie vor unbekannt. Die SVP ist ja auch schlicht für die Abwehr der Eindringlinge auf allen Ebenen verantwortlich, für die Ortung des Feindes und seine Vertreibung. Wie die SVP ihr Ziehvolk zu füttern gedenkt, wird wohl danach überlegt.

Blocher muss man zugute halten, dass er sein Verhalten der politischen Realität anpasst: Den Magistraten Blocher hat die Schweiz nicht unbedingt gewollt. Als Bundesrat war es auch schwierig, nicht selbst in den Verdacht zu geraten, tatsächlich so was wie Kompromisse zu kennen – und damit nicht mehr unbedingt den starken Max markieren zu können. Nun ist er wieder im Element – und erneut als erster in der Arena, in der eine der wichtigsten politischen Entscheide getroffen werden wird, der für die Schweiz in den letzten Jahrzehnten zu fällen war: 2016 dürfte es so weit sein, dass die Schweizer in einer Abstimmung über den bilateralen Weg als gesamtheitliches Konzept abzustimmen haben werden. Damit würde die Regierung, bei einem positiven Ausgang, sehr viel deutlicher in die Lage versetzt werden, im Rahmen eines Vertragsgefüges Vor- und Nachteile einzelner Komponenten der Verflechtungen mit der EU zu gewichten – und unter Umständen politische Autonomie der Schweizer Bürger zu opfern…

Ich weiss im Gegensatz zu Blocher noch nicht, wie sich die Schweiz in der neuen Situation verhalten soll – ich weiss aber, dass der Winkelried in Herrliberg wohl an seine vaterländische Mission glaubt, und er dafür holzschnittartig weiter argumentieren wird, während er sein Geld um einiges vernebelter wird einfliessen lassen in allerlei Instrumente, um seine Ziele zu erreichen. In einem aber gehe ich mit ihm einig: Ich werde mich immer dagegen wehren, irgendwelche Elemente unserer direkten Demokratie zu opfern, um dem Finanzwirtschaftskonglomerat namens EU anzugehören. Und um Bauernfängern wie Blocher mit Mitteln der direkten Demokratie Einhalt gebieten zu können. Es wird auch weiter möglich sein, konstruktiv Politik zu machen – und Wege für das Zusammenwirken mit Europa zu finden. Und ich will, dass in letzter Instanz die Bürger unseres Landes über Vertragswerke solcher Tragweite abzustimmen haben. Punkt.