Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Bilanzfehler an runden Jahrestagen

∞  22 September 2012, 13:50

Wir reden beim gemütlichen Brunch ganz unverfänglich über runde Geburtstage, wie gerade einer ansteht – und ein anderer vor kurzem begangen wurde. Und plötzlich reden wir … über nichts als Krankheiten. Von Menschen, die dies oder das diagnostiziert bekommen haben, von künstlichen Hüftgelenken und Raumforderungen, von Prostata und Spritzen ins Knie.

Aber wir finden wieder raus, und sei es auch mit Hilfe der Erkenntnis, dass so mancher Gesunde nur noch nicht genügend gründlich diagnostiziert sein dürfte: Wir leben in einer Welt der ständigen gesundheitlichen Optimierungen und profitieren von einer Medizin (oder glauben zumindest an sie), welche für bald jede Einschränkung das Gegenmittel kennt.

Dabei könnte man doch runde Geburtstage auch dazu benützen, gelassener die Rückenschmerzen zu ertragen, die gestern schon da waren und morgen vielleicht auch, aber nur vielleicht, und ja, vielleicht gehe ich morgen damit positiver um, denn die Ruhe in mir, die sollte doch mit den Jahren gewachsen sein, oder?

Warum muss ein Geburtstag ein Tag der Erwartungen sein? Er kommt und geht doch sowieso, und die Feier könnte ja auch darin bestehen, dass man sich freut und nichts mehr braucht, als das, was schon da ist. Diese Sicht auf die Dinge – das wäre ein echtes Geburtstagsgeschenk. Würdig und angebracht an so manchem runden Jahrestag. Aber das muss sich ja keiner schenken lassen, das kann jeder sich erarbeiten und sich darin schulen, üben und vervollkommnen. Um, ja, auch das, in Frieden alt werden zu können. Oder zumindest älter.