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Aufstieg für Aussenseiter. Und Anerkennung, Respekt?

∞  23 Juni 2012, 15:33

Warum können Fussballer-, oder Sportler-Karrieren ganz allgemein von Interesse sein, auch wenn man mit dem entsprechenden Sport nicht viel anfangen kann? Weil Sport-Karrieren im verkürzten Zeitraffer ganze Dramen und Erfolgsgeschichten verdichten und komprimiert darstellen können, wie besonderen Charaktereigenschaften und die Herkunft die Voraussetzungen zu Karrieren verändern können, begünstigend oder erschwerend…

Und darum ist gerade jetzt wieder Blütezeit, um auf solche Menschen und ihre besonderen Momente zu blicken: Cristiano Ronaldo IST ein Superstar, aber er rennt noch immer jener Form von Anerkennung hinterher, die er schon als kleiner Junge vermisst hat. Verletzlichkeit und mangelnden Respekt kann man auch hinter einer Maske gelegentlicher Arroganz verstecken. Der junge Mann wird wohl zeitlebens in seinem Glück und Unglück davon bestimmt werden, wie sehr er sich selbst unabhängig von der Oberflächlichkeit des Fankults machen kann, und wie stark oder wie wenig ihn mangelnde Anerkennung in der Fachwelt belasten wird. Momentan jagt er erfolgreicher als auch schon diesem Respekt hinterher. Ronaldo macht im Moment manchen Unterschied aus. Seine grösste Herausforderung ist damit erst recht, ob er es verkraften kann, wenn man andere neben ihm noch grösser und bedeutender sieht.

So lange er sich selbst daran misst, wird ihm nur der Titel Bestätigung geben. Und was kommt danach?

Franck Ribéry ist ein weiterer magistraler Fussballer, der über seine Herkunft allein schon ein Buch schreiben könnte, über “seinen” Autounfall als Kind, der ihn “Quasimodo” werden liess für seine Schulkameraden: Unüberwindbar anders machte es ihn. Ribéry will kein Gel im Haar und keine neue Revolution gegen die Teamverantwortlichen. Der gläubige Muslim will als dieser Andere neu der Erwachsene sein. Es geht nicht so sehr darum, besser als andere zu sein. Aber entscheidend für den Erfolg, notwendig, gebraucht, schön in seiner Kunst, Fussball zu spielen. Eine Art Chef-Pirat für den Handstreich einer Europameisterschaft?

Und nicht als Lächerlichkeit, sondern als Darstellung dafür, dass sich diese Geschichten auf vielen Wegen anders und doch ähnlich erzählen lassen, und mit allem Respekt für das auch hier Geleistete und zu Verarbeitende, stelle ich ans Ende die Nachricht von gestern Abend, sie war ganz knapp:

Nassim Ben Kalifa für zwei Jahre an den Grasshopper Club Zürich ausgeliehen.

Der Junge wurde als eingebürgerter Secondo mit der Schweiz U-17 Weltmeister und mit zum besten Spieler des Turniers gewählt. Er war gerade dabei, sich in der Schweizer Profiliga bei den Grasshoppers einen Stammplatz zu erkämpfen, als er nach dem Weltmeistertitel für über 2 Mio CHF nach Wolfsburg verkauft wurde. In der Bundesliga hat er nicht gespielt. Oder kaum. Bei Wolfsburg nicht. Die leihten ihn nach Nürnberg aus. Auch da spielte er nicht, auch wenn er näher dran war. Also wurde er weiter verliehen, zurück in die Schweiz zu den ambitionierten Berner Young Boys. Der Mannschaft lief es nicht, Ben Kalifa spielte, aber nicht immer und oft mässig. Nun kehrt er – wieder leihweise – zu seinem Stammclub Grasshoppers Zürich zurück und nimmt nochmals Anlauf von vorn. Der Junge hat über 50mal für nationale Auswahlen gespielt, mehr als zwanzgi Tore geschossen, an mancher Tür zum Durchbruch angeklopft, aber… Und er kann bereits mehr erzählen, als mancher von uns über zwanzig Jahre Berufserfahrung zu berichten weiss. Nassim ist jetzt zwanzig Jahre alt…



nzz online über Ribéry