Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Aufbruch aus Zusammenbrüchen?

∞  27 Februar 2011, 19:45

Revolutionen in Nordafrika, Unruhen im arabischen Raum – Aufbruch auch für uns, Anfang einer gemeinsamen Welt, in der der Anspruch auf Frieden für alle wirklich anerkannt wird? Und was würde uns das für Aufgaben bescheren?


So mancher Beobachter wird sich über die Revolutionen im arabischen Raum seine Gedanken machen und ob der drohenden Unordnung Befürchtungen hegen. Ja, es mag wohl niemand zu sagen, wie die Ordnung in diesen Staaten in einem Jahr aussehen wird, und welche Kreise die Aufstände noch ziehen werden. Was nehmen wir uns davon zu Herzen – ausser der Klage über den steigenden Ölpreis?
Es ist doch einigermassen erstaunlich, wie vertraut die Formen des Protests sind, von denen wir hören – und die Art, wie er sich organisiert. Und im Grunde geht es überall auf der Welt immer um das ungefähr Gleiche: Dass die Menschen in einem gewissen Frieden und in entsprechender Freiheit leben können – und Arbeit haben. In diesem Sinn sind wohl manchem von uns viele Araber vertrauter geworden – und endlich erfahren sie ein bisschen Sympathie von uns.

Man stelle sich vor, was es bedeuten würde, wenn es plötzlich keine ausbeuterischen Potentaten mehr gäbe und die Einsicht sich durchsetzen würde, dass nur an der Macht bleiben kann, wer sich in deren Ausübung an den Bedrüfnissen einer Mehrheit des Volkes orientiert. Schritt für Schritt käme man dabei auf Formen der Mitbestimmung – oder schlicht der Beachtung der Landsleute, welche es erlauben würde, sich dem immer drängenderen eigentlichen Problem zu widmen: Arbeit für möglichst Alle, Auskommen für jeden, und zwar in einer nachhaltigen Form, welche den Lebensgrundlagen gerecht wird.
Nach wie vor finde ich in der aktuellen Entwicklung das Verhalten der westlichen Regierungen höchst unbefriedigend. Was nehmen sie denn auf und zur Kenntnis – mal abgesehen von den Fragen einer möglichen Flüchtlingswelle? Sind unsere Reflexe nicht furchtbar armselig?
Wäre es nicht an der Zeit, endlich nach einem politischen Ausdruck für die Tatsache zu suchen, dass es ohne eine Unterstützung erfahrende Emazipation der politischen und wirtschaftlichen arabischen Welt auf Dauer keine Stabilität auf der Welt geben kann? Gleichzeitig hätte ich nichts dagegen, die Ölvorräte wären ein bisschen knapper und die Zukunftsprognosen für die restlichen Ölreserven wären noch etwas pessimistischer. Denn dieser verd… Ölreflex hat nun wirklich unglaublichen Reichtum und damit auch unermessliches Leid in die Welt gebracht. Ohne diese scheinbar „einfach so“ sprudelnde Quelle würde sich die arabische Wirtschaft nicht als Goldeselhirte verstehen, und der Westen könnte endlich damit aufhören, nur nach der nächsten Pipeline zu schielen. Es wäre die gemeinsame Suche nach Alternativen gefragt – und die entsprechende Veränderung von Lebensgewohnheiten, die den Strom einfach so aus der Steckdose kommen lassen. Es würde dann vielleicht bedeuten, dass ich für diesen Beitrag nicht einfach einen Knopf drücken würde, welcher den Computer anspringen lässt. Ich hätte stattdessen vielleicht zwischendurch für etwa drei Minuten eine Kurbel gedreht – oder so was in der Art. Dem Artikel würde es, denke ich mal, genau so wenig schaden wie dem allgemeinen Stand unserer Fähigkeit, erst zu überlegen, bevor wir prassend verbrauchen.

Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn Frieden allen Menschen auf Erden ein heiliges Gut sein könnte – daraus würde sich alles andere ergeben. Ganz einfach, natürlich und mit der einzigen Gefahr, ein Problem nicht richtig zu verstehen, weil wir nicht vernetzt genug denken können.
Das westliche Modell des freien Marktes garantiert das nicht. Es garantiert nur einen Wettbewerb des Konsums. Wie frei wir auch werden – uns bleibt die Herausforderung, damit nicht schon zufrieden sein zu dürfen.
Noch haben wir sie nicht angenommen.