Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Auf Manipulation folgt am Ende nur Frustration

∞  17 November 2013, 22:54

Es war eine Bombe, als klar wurde, dass Banken den LIBOR manipuliert hatten – Banken steuerten den Index, nachdem sich die Zinsen richteten, die weltweit gezahlt oder geschuldet wurden – das war besser und einträglicher als jedes geschaffene Kartell.


istockphoto.com/RBFried: “Strategy”

Schon damals musste man eigentlich zum Schluss kommen: Wenn Ungeheuerlichkeiten und Skrupellosigkeiten dieser Grössenordnung möglich waren und gezielt versucht wurden, dann konnte das ja kaum der Einzelfall sein, der – dem gerechten Gott sei Dank – prompt auch aufgeflogen war. Und schon bald wurde deutlich: Manipulationen gleicher Art gab es auch für Währungsindexe im Devisenhandel. Von den Tricksereien mit Papieren von faulen Hypotheken ganz zu schweigen. Die Justiz hinkt dabei immer hinterher. Etwas zynisch könnte man zwar feststellen, dass sie nun viel praktische Erfahrung gewinnt und daher der Rückstand auf die Überltäter kleiner und das Verständnis für die Systeme grösser wird. Faktisch aber ist es so, dass praktisch alle diese Vorgänge in Vergleichen zivilrechtlich beigelegt werden: Damit bleibt der grossen Öffentlichkeit die letzte Gewissheit über die Schamlosigkeit und Raffinesse der Götter in Anzügen verborgen, die Firmen behalten jenen Rest an Reputation, der ihnen das weitere Geschäft möglich macht, und die Angestellten und Teilhaber, Partner und Beiräte, welche das Spiel gespielt haben, werden womöglich nicht mal ausgewechselt. Und wenn schon, dann ist das Interesse an ihrem Wissen anderswo willkommen – eine Stigmatisierung gibt es nicht, schon gar nicht durch die Branche, welche längst jede Moral verloren hat, im Bewusstsein, zu wichtig zu sein, um wirklich gestoppt zu werden.

Es gibt, so die Lehre, immer die ganz Mächtigen, der am Ende mehr oder weniger von eigenen Gnaden an den Schräubchen dreht, nach welchen dann wir alle zu funktionieren haben: Als Sparer, Hypothekenschuldner, private Kreditnehmer oder Unternehmer mit Businessplänen. Und es ist längst deutlich, dass so etwas wie persönliche Verantwortung unter Managern der Finanzindustrie kaum mehr zu finden ist: Ganz oben schmiert man das System, ohne das niemand auskommen will und kann: Die Staaten, die alle nicht in der Lage sind, den eigenen Bürgern wirklich harte Zeiten proaktiv aufzubürden, um die Lebensgrundlage der nächsten Generationen zu sichern, verschulden sich laufend weiter und sind längst vom billigen Geld der Zentralbanken abhängig, weil schon kleine Korrekturen so viel mehr Mittel für die Schuldentilgung nötig machen würden, dass die Haushalte komplett aus dem Ruder laufen würden. Und wir Privaten verhalten uns ja genau so. Wollen wir Sparen, können wir uns selbst vorhalten, dass wir im Fall eines Bailouts unserer Bank mit unseren Einlagen bei ihr untergehen. Das ist alles ganz im Sinne des Irrsinns des Systems, an dessen Gängelband die Politik längst angekettet ist.

Und darum stumpfen wir ab. Und nehmen einfach noch zur Kenntnis, dass die globalen Investmentbanken rund 100 Milliarden für Vergleiche zahlen dürften, die für die eingangs erwähnten Tricksereien vereinbart werden. Alles am Ende nur eine Frage der Bilanz: Müssen mehr Rückstellungen dafür gebildet werden, braucht die Bank Y mehr Eigenkapital? Von mehr Moral ist, wie gesagt, nie die Rede. Das ist etwas für Naive, für die Occupy-Bewegung, die längst ihre Zelte weggeräumt hat oder verscheucht worden ist.