Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Auf der einen Bahn ins gleiche Fahrwasser

∞  24 April 2012, 17:41

Wir sitzen in der Autobahnraststätte Würenlos am Fenster. Eigentlich stehen wir halb, auf einer Art Barhockern, und unterhalten uns “über den Schweizer Markt”. Es sind dies praktische Gelegenheiten für mich, Verständnis und Sensibilität für Besonderheiten zu wecken und ausländische Partner auf spezielle Bedürfnisse einzustimmen.

Aber im Grunde gibt es da immer weniger zu sagen: Die Schweiz passt sich an, gleicht sich an – und das gilt auch für die Produkte. Wir werden je länger je mehr über den gleichen Kamm geschert wie der grosse Rest. Für Massenprodukte bedeutet dies zwar für den Konsumenten längst fällige Anpassungen an tiefere Preise – aber fast immer auch eine Nivellierung der Qualitäten gegen unten. Und im Kontakt mit den Kunden ist an vielen Orten jene Art Frostikgeit eingekehrt, die keinen weiteren Charme kennt als jenen der nächsten Preisdiskussion…

Und während die Autos auf der Autobahn wie auf Schienen gleitend schnell unter unseren Hochsitzen weg gleiten und dabei immer schneller zu werden scheinen, komme ich mir ein wenig vor wie ein gefangener Passagier in einem Zug. Mit uns wird Schlitten gefahren. Und mit den Konsumenten irgendwie auch. Nun war es noch nie so, dass man als Anbieter etwas anderes versucht hätte als den Kunden das zu geben, wonach sie verlangen. Nur frage ich mich je länger je mehr, ob wir das überhaupt wissen? Alle paar Monate gibt es neue Studien über die Wünsche der Konsumenten. Einmal wünschen sie sich die reiche Auswahl, dann wieder stresst sie genau der Umstand, dass sie eine eigene Entscheidung treffen sollen.

Ich denke, was mich am meisten “verstört” hat in den letzten Jahren ist das Erleben, wie wenig es brauchte, dass führende Anbieter auf dem Schweizer Markt den Glauben an ihre Stärken über Bord warfen und die Rezepte der “Eindringlinge” unter denn Konkurrenten zu kopieren versuchten. Und so werden sie hier durch das gleiche Wechselbad gehen, die Supermärkte und Detailhandelsketten, bis irgendwann die Gegenbewegung einsetzt – und der Konsument überhaupt wieder die Chance bekommt, mit seinem Verhalten deutlich zu machen, dass er selbst nicht nur den Preis für die Güte eines Produktes kennt.

Nur: Nicht alles, das jetzt den Boden entzogen bekommt, wird in die Läden zurück finden.

Woran ich gar nicht denken mag: Ich kenne mich mit Haushaltprodukten aus. So genannten “Hartwaren” für den Haushalt. Was ich aber beobachte, gilt ja erst recht für Lebensmittel. Dafür hätte es den Skandal rund um Müller-Brot gar nicht gebraucht: Dort, wo ein Ei, ein Yoghurt über den Preis verkauft wird, über den immer wieder neuen letzten Preis, da bleibt die Dotter auf der Strecke. 8% unseres Geldes geben wir noch für Lebensmittel aus. Als es noch 15% waren, das ist noch nicht so lange her, dürften sich die Menschen gesünder ernährt haben…