Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Auf dem Gleis ins Nirgendwo

∞  13 August 2011, 20:54

Eine Betrachtung. Nicht eine Begegnung.





Als ich am Kopfende des Geleises stehe, gehen sie links an mir vorbei. Es ist, als würden sie sich an meiner Schulter vorbei drücken, aber sie drehen sich nicht um. Der Junge trägt eine altmodische Schirmmütze und ein gestreiftes Polo-Shirt, mit breitem Kragen. Die alt wirkende Frau an seiner Seite hat ihre linke Hand in seine Armbeuge geschoben. An ihrem rechten Arm hängt ein Plastiksack knapp über dem Boden. Die beiden gehen mit kurzen schleppenden Schritten den Bahnsteig entlang. Der Junge hat seine Schultern hoch gezogen und hält seine Oberarme an den Körper gepresst. Seine Schuhe haben Absätze, aber sein Rücken ist steif. Der Perron ist leer, und er wird die beiden Gestalten verschlucken. Gegenüber hastet ein Mann davon. Die Stadt deckt ihn mit ihren murmelnden Geräuschen bald zu. Es ist still. Ich betrachte die Dachkonstruktion, die kühne Masse aus Holz und Beton in ihrem futuristischen Strahlkamm, mit dem dieses Dach in die Ferne weist, in eine andere Welt. Die beiden, Mutter und Sohn, werden auch dort fremd bei einander bleiben.


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Das Bild ist Teil einer kleinen Weitwinkelreportage vom Hauptbahnhof Zürich, vom August 2011 bei Lookabout: Hauptbahnhof Zürich – in weiten Winkeln
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