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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Asylsucher ohne Unterkunft - ein politisches Mittel?

∞  4 Oktober 2012, 19:52

Mit dem Ausländer-Problem wird Politik gemacht. So sehr, dass ich mich manchmal frage, ob die Politik aus dem Umgang mit Ausländern erst ein wirklich grosses und dominierendes Problem gemacht hat. Ist dem so, dann war sie damit äusserst erfolgreich. Mittlerweile kann sich in der Migrationspolitik auch keine Partei der Mitte mehr leisten, sich dem Verdacht auszusetzen, dem Ausländerproblem lasch zu begegnen.

Es werden markige Sprüche bemüht, welche die Stelltafeln an den Strassen säumen, bei regionalen und nationalen Wahlen noch mehr, als bei Abstimmungen. Es erscheint mir leider viel zu oft als Brüllen im Chor, während die reale Asylpolitik, zum Beispiel, absurde Mängel aufweist:

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Es bräuchte für die sofortige Aufnahme und Prüfung Asylsuchender, die aus den Nachbarstaaten bei uns eintreffen und bei Abweisung in die entsprechenden Länder zurück geschickt werden können, 2500 Unterkünfte. Die sind, hört man, in unserem Achtmillionenstaat kaum zu beschaffen. Die Schweizer Armeee eröffnet nun eine sechste Notunterkunft, in einem Armeebunker – mit gerade mal 70 Plätzen.

Ich fühle mich da als Bürger ein bisschen so wie manchmal als Autofahrer: Wenn eine Baustelle in der Stadt über Monate bestehen bleibt, ohne dass man tagelang einen Arbeiter auf dem Platz sehen würde, habe ich die Behörden im Verdacht, damit eine günstige Gelegenheit zu einer spontanen Verkehrsberuhigung durch -erschwerung wahr zu nehmen. Man will die Autofahrer ja gar nicht, und weil man über Planungsvorlagen und Verkehrskonzepte keine Mehrheiten gegen den Autoverkehr findet, schafft man reale Sachzwänge. Das ist, mit Verlaub, für jede ernsthaft propagierte Demokratie gefährlich: Die Politik sollte sich auch daran messen lassen, wie sehr sie sich für die Durchsetzung der Gesetz einsetzt – und damit für das Recht ihrer Bürger.

Veränderungen im gesellschaftlichen Kontext sind über Debatten und Meinungsbildung nach der Ausgestaltung unserer Grundwerte zu erkämpfen – und dann umzusetzen. So bin ich zum Beispiel sehr dafür, dass als Kriterium der Integration im Gastgeberland Sprachkenntnisse geprüft werden. Wirklich geprüft. Dazu gehört aber auch, dass entsprechende Angebote gemacht werden müssen, diese Kenntnisse zu erwerben. Es ist nicht damit getan, Obstruktion zu betreiben, um ein Problem, das man am liebsten gar nicht will, gar nicht zu lösen, wenn es schon da ist – man kann dann ja so schön die Finger in die Wunden legen und – Brüllen. Mit den Versäumnissen, die zum Kalkül gehören, verwirkt die Politik den moralischen Anspruch auf klare und auch einmal harte Lösungen, weil sie ihrerseits die Gegenleistungen nicht einhält. Die Politik ist in einer Demokratie immer auch der Staat an sich. Sie hat ihn zu kontrollieren und ihre Energie auch dafür zu verwenden, die Durchsetzung der Gesetze, des aktuellen Volkswillens, auch zu gewährleisten. Und das gilt nicht nur für die Schranken an der Grenze – sondern auch für die Unterkünfte im Land.