Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Armstrong - Teil unseres Trauerspiels

∞  24 August 2012, 17:06

Lance Armstrong gibt also auf – und bleibt sich doch treu: Indem er auf eine Verteidigung in einem öffentlichen Verfahren verzichtet, verhindert er die unappetitliche Ausbreitung von Details zu den Praktiken des Vertuschens, Dopens und Verschleierns – und damit eine Zerstörung seiner Reputation bei all jenen, welche nach wie vor an den Herkules glauben wollen, der den Krebs besiegte, Stiftungsgründer wurde und siebenmal die Tour de France gewann, weil er sich mehr quälen konnte als alle andern.

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Womöglich stimmt das sogar, und war er nicht mehr Doper als seine Konkurrenten – Hinweise und konkrete Urteile, die das vermuten lassen, gibt es weiss Gott genug.

Nein, störend bis zur Anmassung einer eigenen Wahrheit, die an absolute Arroganz heran reicht(e), sind seine unzähligen Anwürfe an Konkurrenten und Dopinginstanzen, in denen eines die Botschaft war:

Der Saubermann heisst Armstrong, die Betrüger sind immer die anderen. Neider und Fehlgeleitete alles, denen nur das Zwlielicht bleibt, während Armstrong für sich und die damit verbundene grosse Sache den Lichterglanz beanspruchte.

Er hat ganz offensichtlich mit der gleichen kompromisslosen Egozentrik im Dopingstreit agiert, wie er auf dem Rad eine Regentschaft betrieb, zu der nicht nur die sportliche Leistung beitrug, sondern ein im Radsport schon immer verbreitetes Geflecht von Geben und Nehmen, in dem man stets auch den Zuspruch und die Protektion anderer benötigte, um nicht unter die Räder zu kommen.

Folgerichtig haben ihn schlussendlich gerade Dopingsünder zu Fall gebracht, deren eigene Reputation eh schon verloren war, und die sich wohl gefragt haben dürften, wie dreist da einer einem alles fressenden Kannibalen gleich den Saubermann markiert. In der Anhäufung der Informationen anderer Dopingsünder lag zum Ende zuviel Brisanz, als dass Armstrong weiter hätte auf einen moralischen Vorteil hoffen können. Die Folgen sind enorm. Für uns Sportkonsumenten genau so wie für den auf dem Asphalt aufschlagenden Athleten.

Wir, oder die Medien, die uns den Sport verkaufen, sehen in Usain Bolt einen der wenigen richtigen Stars des internationalen Sports. Der 100m-Sprint ist dabei prädestiniert für Doping: Wie heisst eigentlich der letzte Sprint-Weltmeister oder Olympia-Sieger, der nie des Dopings überführt wurde? Und wie steht es im internationalen Vergleich um die Praxis der Dopingbekämpfung in Jamaika?

Fortsetzung folgt. In der modernen Zeit hinkt nicht nur die Dopingfahndung dem Betrug immer ein Stück weit hinterher – es bleibt auch ein drohendes Element für den Doper zurück: Eingelagerte Proben können auch nach Jahren, ja Jahrzehnten mit neuen Testmethoden auf verbotene Substanzen überprüft werden. So dass wir wenigstens im Nachhinein erkennen mögen, wie sehr wir auf Schritt und Tritt beschissen werden (wollen).