Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Amok

∞  14 April 2007, 18:05

Jemand verliert jegliche Kontrolle, vielleicht gerade deshalb, weil er sich nur noch kontrolliert sieht?

Eingesperrt, gefangen, bedrängt, einsam in unsichtbaren Mauern, stumm und doch innerlich schreiend, nach einem Ventil suchend, einem Sprachrohr, das mehr bellt als redet, denn Worte hast du ja nicht, finden sich nicht, haben sich längst verabschiedet. Die Gedanken drehen sich nicht mehr, sie bohren, werden zu starren Bildern.

Jemand, der nicht gehört wird, soll wenigstens gesehen werden in seinem Schreien. Begegnung ist viel zu lange schon nur Kapitulation, Aufgabe, Selbstbestrafung, sorry, dass es Dich trifft, aber du bist nicht gemeint, nur ich, endlich mal nur ich.

Endlich aufgeben, Schluss machen, abtauchen, einmal noch zum Nachdenken geben, dann Ruhe haben, und wenn es nur im Urteil ist. Mauern sind schon da, die Wut auch, schon lange.

Niemand versteht mich, kann mich verstehen, ich tue es ja selbst nicht, und wahrscheinlich haben alle Recht, die enttäuscht von mir sind. Es sind ja auch die einzigen, die etwas von mir erwartet haben, und richtig erledigt bist Du, wenn niemand mehr etwas von dir erwartet.

Ich habe es nicht gebracht. Eigentlich nie. Auch schiessen tue ich nicht gut, würde im Wettbewerb nicht bestehen, aber schiessen zumindest, das tue ich, obwohl es niemand erwarten würde. Und dann sollen sie sehen, sie alle, dass sie sich in mir getäuscht haben, wenigstens darin.

Die Waffe fühlt sich gut an, fühlt sich als einziges an in der Trance, kühl real in der fiebrigen Wolke, die in meinem Kopf pocht, und es ist wie im Film, ich sehe die Leute kaum, links und rechts von mir, die nicht ahnen, was ich unter der Jacke habe, noch nicht, denn noch bin ich nicht über der Strasse.

Muss denken wie ein Krieger denn nun endlich habe ich eine Mission, weiss ich, was ich will, bis es zu spät ist, endlich zu spät, denn ich bin meiner längst überdrüssig geworden…

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In CH-Baden verschiesst ein 26-jähriger Mann mit seiner Ordonnanz-Waffe, einem Sturmgewehr, ein ganzes Magazin Munition gegen zufällige Gäste eines Hotelrestaurants. Vorläufige Bilanz: Ein Toter und vier Verletzte, wovon einer noch in kritischem Zustand ist.