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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Alex Frei, Miro Klose, Mario Gomez und die Pfiffe der eigenen Fans

∞  7 September 2014, 17:58

Alex Frei ist der Rekordtorschütze der Schweizer Nationalmannschaft. Je näher die Marke rückte, je verkrampfter wurde das Verhältnis der Fans zum Stürmer. Und schliesslich kam es zu Pfeifkonzerten in St. Gallen. Als Frei ausgewechselt wurde, waren seine Handzeichen eindeutig: Nie mehr! Das tue ich mir nicht mehr an. So ziemlich schnell wurde das dann auch wahr.

Alex Frei hat immer zu den Wortführern gehört,und das führte dazu, dass man als Zaungast und Medienkonsument mindestens herauslesen konnte, dass da ein Führungsanspruch auch laut eingefordert wurde, wohl auch innerhalb der Mannschaft. Und wenn ein Team Gruppenbildungen kennt, führt das zu Spannungen. Bei fehlenden Ergebnissen führt das zu Ausbrüchen.

Dennoch: Dass die Zuschauer eines Landes im Heimspiel den eigenen Spieler auspfeifen… Kann das sein?

Miroslav Klose hat den Rücktritt aus der Nationalmannschaft Deutschlands erklärt. Er hat alles erreicht – also darf auch Schluss sein mit dem stillschweigenden Tribut, sich als Mittelstürmer des eigenen Landes damit arrangieren zu müssen, dass mehr interessiert als nur das Spiel. Klose hat das nie wirklich verstanden und im Grunde auch niemandem das Recht geben wollen, über ihn als Mensch zu urteilen. Und im Grunde müssten wir uns ja alle fragen: Ja, wie können wir uns das überhaupt anmassen – auf Grund jener Informationen, welche die Medien gefiltert uns vorsetzen?

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Mario Gomez könnte der Nachfolger von Klose sein, ein alter Bekannter, von dem sie seinerzeit, als er bei Stuttgart Tore in Serienproduktion erzielte, so schwärmten. Richtig ins Herz schlossen sie ihn, dass er, trotz spanischen Wurzeln für Deutschland spielte und sie sich in Spanien die Finger lecken würden, könnten sie ihn kriegen… Er wechselte dann auch innerhalb der Bundesliga zu den Bayern. Und spielte da nicht schlecht. Wie Klose auch nicht. Aber so richtig warm wurden sie nicht mit ihm. Nie. Auch Gomez ist kein Lautsprecher. Er kann den Reporter anschauen mit der müden Aussage im Gesicht, dass ihn die Fragen des Reporters eigentlich nichts angehen, weil der Mensch Gomez den Reporter im Grunde auch nichts angeht.

Aber so wetten sie nicht im Fussballgeschäft. Da haben es Typen wie Müller viel einfacher, sich abzugrenzen. Die liefern eloquent so viel Futter, dass man ihnen Privatsphäre viel eher gönnt. Und Respekt auch.

Der Nachfolger, welcher das Problem von Klose und Gomez übernommen hat, könnte Mario Götze heissen. Noch schiesst er die entscheidenden Tore. Daneben sieht man ihm kaum auf dem Platz. Dabei hätte er so viel Talent. Im Interview wirkt er ähnlich abwesend, wie es bei Gomez der Fall sein konnte. Die Augen wandern während dem Sprechen weiter oder kehren sich gegen innen.

Für die Fans scheint das schwierig. Die wollen, dass die Spieler alles geben, und als Beweis dafür braucht es viel Schweiss, Blut und Tränen. Das Messer zwischen den Zähnen, auch im Interview – das hat Mertesacker vorgemacht. Aber das lässt sich nicht kopieren, nachspielen. Das führte dann wirklcih ins Verderben.

Und so kommen wir beim “Fan” an, beim “Supporter”, der eben keiner ist, sondern die frustrierte Wurst, das seine Helden sucht. Und die haben sich gefälltigst in die Brust zu werfen und Kreide zu fressen -und zwar so, dass man es auch sieht. Ein Tor in 90 Minuten und sonst nicht zu sehen? Das ist ja wie Schattenboxen, und es gibt nur wegen diesem Tor keinen Grund, die Zähne zusammen zu beissen beim Meckern. Wenn dann aber die Leistung fehlt, sprich, das Tor, dann geht’s schnell mal rund. Wenn aber die Zuschauer in einem Pflichtspiel den eigenen Mann auspfeifen, dann sagt das viel aus – über den Zuschauer und seine Erwartung, über sein eigenes Verhältnis zu Sport und Land und seine Frustrationen. Und was ist das für eine Lust, in ein solches Pfeifkonzert einzustimmen?

Und dann hörst Du danach die Spieler und zum Beispiel Gomez sagen, er könne die Reaktion des Publikums verstehen – der versiebten Chancen wegen. Also, Freunde, ich behaupte, wenn du das verstehst, hast du vielleicht die Regeln des Geschäfts hingenommen, aber hoffentlich nicht mehr. Wenn du das nämlich wirklcih verstehst, dann hast du dich unterworfen.

Ich stelle mir mal vor, der Spieler Götze, der schon so viel erreicht hat und doch mitten drin in seiner Nationalmannschaftskarriere steht, wird am Sonntagabend gegen Schottland ausgepfiffen und stellt sich danach vor die Medien und sagt: Freunde, das war’s. Das muss ich nicht haben und das geht auch ohne mich. Punkt.

Da wäre doch mal was los und könnte eine wirkliche Debatte entstehen. Imm Innern würde auch ein Kollege wie Lahm genau wissen, wie man zu dieser Folgerung kommen kann.